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Acht Bewerber
auf eine Stelle

Berufsaussichten extrem schlecht

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Berufsaussichten für junge Leute sind in Ostwestfalen-Lippe noch schlechter als in NRW ohnehin.

25 000 Jugendliche bis 25 Jahre stünden in OWL »draußen vor der Tür« des ersten Arbeitsmarktes, das erklärte die SPD-Landtagsabgeordnete Ute Schäfer in Bielefeld. Als ausgesprochen dramatisch bezeichnete sie das Missverhältnis von angebotenen Ausbildungsstellen und Bewerbern. Landesweit bemühten sich im September 3,3 junge Leute um einen Platz. In OWL entfiel ein Angebot nur noch auf 8,3 Suchende.
Wegen der besonders jungen Bevölkerungsstruktur treffe die Beschäftigungskrise die Region stärker als das übrige NRW, sagte Schäfer. Sie befürchtet, dass diese Besonderheit bis 2020 anhält aufgrund des hohen Anteils an Aussiedlern.
Die SPD-OWL will dem Thema 2006 mit Blick auf eine Regionalkonferenz im November besondere Aufmerksamkeit schenken. Bei einer Fachtagung im März soll der gesamte Bereich unversorgter junger Erwachsener betrachtet werden. Von gut 160 000 jungen Leute bis 25 Jahre befänden sich 25 000 entweder im ALG II-Bereich (14 000) oder in sonstigen schulischen und überbetrieblichen Warteschleifen.
Allein 60 Prozent der im Herbst ohne Ausbildung gebliebenen Bewerber in NRW waren »Altbewerber«, die zuvor auch schon Qualifizierungsmaßnahmen durchlaufen hatten. Das teilte die NRW-Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Christiane Schönefeld, in Düsseldorf mit. Von knapp 6400 Bewerbern, deren Ausbildungsgesuche von den Arbeitsagenturen im letzten Quartal 2005 bearbeitet wurden, konnte nur jeder zehnte eine reguläre Ausbildung beginnen.
Neben einer dritten Ausbildungssäule für theorieschwache Ausbildungswillige - beispielsweise in Autowerkstätten oder in der Altenpflege - will NRW jungen Leuten auch mit einem Werkstattjahr Erfolgserlebnisse verschaffen. Bislang hätten 1400 junge Leute von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich in betrieblicher Praxis Teilqualifikationen bescheinigen zu lassen, berichtete Rüttgers.
Auch die umstrittene Berufsschulausbildung soll reformiert werden. Den Innungen sei angeboten worden, künftig drei Wochen Berufsschule vor den eigentlichen Beginn der Lehre zu setzen, berichtete Laumann. Im ersten Lehrjahr soll dann mit zwei Berufsschultagen pro Woche, anschließend aber nur noch mit einem Tag fortgefahren werden, wenn die Auszubildenden bereits stärker in den Betrieben gebraucht würden.
Ergänzend wirbt Schäfer, die frühere Schulministerin und heutige Bildungsexpertin der SPD im Landtag, für eine neue »Berufsfachschule plus«. Jungen Leuten sollte nach zwei Berufsfachschuljahren und einem Praxisjahr am Ende eine Anerkennung als vollwertige Berufsausbildung ermöglicht werden.

Artikel vom 14.01.2006