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Staub, aus dem
die Erde ist ?

»Stardust« legt Bilderbuchlandung hin

Washington (dpa). Nach einem siebenjährigen Flug hat die NASA-Sonde »Stardust« erstmals in der Geschichte der Raumfahrt Staub von einem Kometen zur Erde zurückgebracht.
Wissenschaftler untersuchen die Kapsel nach einer Probelandung.

Bei der Bilderbuchlandung leuchtete die Landekapsel beim Eintritt in die Atmosphäre wie ein Feuerball am Nachthimmel, bevor sie - gebremst von Fallschirmen - auf den Boden prallte und drei Mal hüpfte. Die US-Weltraumbehörde reagierte überschwänglich. Der Direktor der NASA-Zentrale in Pasadena (Kalifornien) sprach von einem »zweiten goldenen Zeitalter in der Planetenforschung«.
»Das ist einer jener Momente im Leben, die so fantastisch sind, dass man es gar nicht glauben kann«, sagte Ken Atkins, einer der Projektmanager, nach der Landung. »Stardust« sei wie eine Zeitkapsel, die uns einen Blick zurück zu den Anfängen unseres Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren erlaube.
4,6 Milliarden Kilometer kreuzte »Stardust« durch das Sonnensystem und umkreiste dabei drei Mal die Sonne. Während ihres Fluges sammelte die Sonde zuerst interstellaren Staub, der aus anderen Galaxien in unser Solarsystem gedriftet ist. Am 2. Januar vor zwei Jahren flog sie schließlich in in nur 240 Kilometern Entfernung an dem Kometen Wild 2 vorbei. Aus dessen Staub- und Gasschleier gewann die Sonde jene Proben, auf die die Wissenschaft so ungeduldig gewartet hat.
Der fünf mal zehn Kilometer große Schweifstern sei wie eine kosmische Bibliothek, in der die Entstehung unseres Sonnensystems aufgezeichnet wurde, sagte ein NASA-Sprecher. Die aus Eis und Gestein geformten Kometen seien so faszinierend, weil sie am äußersten Rand unseres Sonnensystems entstanden sind und »am besten das Ursprungsmaterial bewahrt haben, aus dem eigentlich die Sonne, die Erde, die Planeten und wir selbst gemacht wurden«.
Mindestens eine Million Partikel, die nach Angaben der NASA nur etwa ein tausendstel Gramm wiegen, brachte »Stardust« zur Erde. Die Bergung der ebenso einmaligen wie kostbaren Fracht wurde dann noch einmal spannend. Eine Hubschrauberbesatzung suchte mit Infrarot eine Dreiviertelstunde nach der kleinen, nur 43 Kilo schweren Kapsel, die in einem 3100 Quadratkilometer großen und stockdunklen Landegebiet in Utah aufgeprallt war.
Nach einer ersten Inspektion in einem sterilen Raum wird der kleine Kanister mit Staubpartikeln vom Dugway-Versuchsgelände in Utah zum NASA-Labor in Houston in Texas geflogen. Dort soll bereits heute die wissenschaftliche Auswertung beginnen. Und die hat es in sich.
Jedes Staubteil ist dünner als ein menschliches Haar. Die Partikel stecken in einer etwa tennisschlägergroßen Scheibe aus so genanntem Aerogel. Das ist ein glasklares und superweiches Material, in das Kometenkerne einschlagen können, ohne beim Aufprall zerstört zu werden. Das Problem: Die Partikel sind so winzig, dass sie nicht mit bloßem Auge gefunden werden können.
Ein Team hat in den sieben Jahren seit dem Start Werkzeuge und Techniken entwickelt, um die Staubteilchen aus der Aerogel- Scheibe herauszulösen. Ein Heer von Freiwilligen soll dabei helfen, mit einem virtuellen Mikroskop im Internet die winzigen Staub- und Kometenkerne aufzuspüren.

Artikel vom 16.01.2006