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Lehrer beleidigt:
30 Arbeitsstunden

Schülerin (17) lenkt vor Gericht ein

Von Christian Althoff
Lemgo (WB). 30 Stunden soziale Arbeit muss eine Schülerin aus Lemgo (Kreis Lippe) leisten, weil sie ihren Klassenlehrer beleidigt hatte.

»Wenn du die Arbeitsstunden hinter dir hast, stelle ich das Strafverfahren ein«, erklärte Jugendrichter Uwe Kaboth der 17-Jährigen am Freitag zum Schluss der Gerichtsverhandlung.
Jaqueline K. besucht die neunte Klasse der Anne-Frank-Schule in Lemgo, einer Schule für lernschwache Jungen und Mädchen. Immer wieder soll sie gegenüber ihrem Lehrer Achim J. ausfallend geworden sein. »Das waren übelste Gossenschimpfworte, die man keinesfalls mit pubertärem Verhalten entschuldigen kann. Selbst den Klassenkameradinnen missfiel Jaquelines Verhalten«, erklärte am Freitag Rechtsanwalt Thomas Hentzschel, der als Zeugenbeistand den Lehrer ins Gericht begleitet hatte. Der Pädagoge hatte lange über das Fehlverhalten des Mädchens hinweggesehen - bis die 17-Jährige ihn anzeigte und ihm vorwarf, er habe sie aus der Turnhalle geschubst. Anwalt Hentzschel: »Das war gelogen, und das Verfahren gegen meinen Mandanten wurde auch eingestellt. Ich habe ihm dann geraten, künftig nicht mehr so nachsichtig mit der Schülerin zu sein.«
Als Jaqueline dem Lehrer schließlich vor versammelter Klasse an den Kopf warf »Sie sind doch nicht richtig im Hirn!«, erstattete der Pädagoge Strafanzeige, und die Staatsanwaltschaft klagte die Schülerin an. Vor dem Jugendrichter gab sich das Mädchen am Freitag in nichtöffentlicher Verhandlung kleinlaut. »Jaqueline hat ihre Verfehlung zugegeben und sich bei dem Lehrer entschuldigt«, berichtete später Strafverteidiger Carsten Ernst, der das Mädchen vertreten hatte. Verteidiger und Staatsanwalt regten eine Einstellung des Verfahrens an, und der Richter stimmte zu. Ernst: »Damit bleibt dem Mädchen eine Vorstrafe erspart.«
»Die Einsicht, die die Schülerin gezeigt hatte, war das einzig richtige Verhalten«, sagte Jugendrichter Uwe Kaboth nach der Verhandlung. Er habe schon etliche Schüler vor sich sitzen gehabt, die ihre Lehrer mit schlimmsten Obszönitäten beleidigt hätten. »Einige von denen waren selbst vor Gericht noch der Meinung, ihr Verhalten sei in Ordnung gewesen.« Die Urteile des Jugendrichters belehrten diese Schüler eines Besseren: »Ich habe sie bis zu vier Wochen in Dauerarrest geschickt.«

Artikel vom 14.01.2006