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Von Carsten Reinhardt

Warburger Aspekte

Dörfer im Blickpunkt


»Land ohne Volk? Die Missachtung der Familie und ihre demographischen Folgen.« Unter diesem provozierenden Titel stand zum Jahresauftakt das traditionelle Dreikönigstreffen an der Landvolkshochschule Hardehausen. Aus verschiedensten Blickwinkeln wurden hier Fragen der Bevölkerungsentwicklung beleuchtet, der Tenor jedoch war einhellig: Der Geburtenrückgang als andauernde Erscheinung wird einschneidende Auswirkungen haben - auf die Infrastruktur im ländlichen Raum, in den Dörfern vor allem.
Zu solchen Schlüssen kommt auch eine Studie des Pestel-Insitutes für Systemforschung, die Aussagen für den Kreis Höxter, seine zehn Städte und ihre Entwicklung bis zum Jahr 2020 trifft. Über die Ergebnisse dieser Studie wird demnächst in Borgentreich, Warburg und Willebadessen beraten, die Hansestadt macht Ende Januar bereits den Anfang. Absehbar ist schon jetzt: Bei dem, was dann in den Ratsgremien, aber auch in öffentlichen Informationsveranstaltungen zur Sprache kommt, handelt es sich um ein brisantes kommunalpolitisches Thema, das in Zukunft immer wieder auf die Tagesordnung kommen wird.
Wenn vom Wandel die Rede ist, wissen die Menschen in den kleineren Ortschaften längst, was sie erwartet. Es ist ja schon viel verloren gegangen an Versorgungseinrichtungen in den letzten zehn Jahren. Um 1995 herum schlossen die ersten Poststellen und Bankfilialen, kleinere Handwerksbetriebe oder Lebensmittelgeschäfte haben vielerorts aufgegeben - mangels Nachfolger oder wirtschaftlicher Zukunftsperspektive. Nun stehen womöglich bald weitere Einrichtungen auf dem Prüfstand, kleinere Schulen etwa oder Kindertagesstätten, von denen einige just vor zehn Jahren entstanden sind, um den damals vorgeschriebenen Bedarf an einer Vollversorgung decken zu können. Die Tendenz ist eindeutig: 2005 gibt es weniger Kinder als 1995, im Jahr 2015 werden es noch weniger sein.
Weitere denkbare Auswirkungen des demographischen Wandels benannte Landrat Hubertus Backhaus im Verlauf der eingangs erwähnten Tagung: einen weiteren Rückgang der Zahl bei den landwirtschaftlichen Betrieben etwa, die Zunahme der Haushalte mit alten, alleinstehenden und wenig mobilen Menschen, aber auch eine mögliche Zunahme der Haus-Leerstände in Ortskernen beim weiteren Ausweisen von Neubaugebieten.
Was tun gegen angesichts dieses Wandels? Beim Blick auf die zurückliegenden Jahre wird auch deutlich: In einem funktionierenden Gemeinwesen, das die Dörfer im Warburger Land ja auszeichnet, steckt ein großes Potenzial zur Selbsthilfe, zum bürgerschaftlichen Engagement und Einsatz auch für den Nächsten. Der Betrieb von Gemeindehallen und die Pflege von Sportstätten kann geschultert werden, aber natürlich braucht der Erhalt der von vielen Bewohnern so geschätzten Lebensqualität in den Dörfern jede mögliche Hilfestellung und Unterstützung seitens der Politik.
Da gibt es ein Dilemma: Die Finanzmittel sind knapp. Mit sinkenden Einwohnerzahlen sinken auch die Zuweisungen, jene Mittel also, die so enorm wichtig sind für öffentliche Versorgungsleistungen. Vor diesem Hintergrund muss die Kommunalpolitik nun die Frage angehen, wie man den Bevölkerungsschwund in seinen Folgen für die Infrastruktur der Dörfer bewältigen und auffangen kann. Eine schwierige Aufgabe, über die sich die politisch Verantwortlichen nun rechtzeitig und vorausschauend Gedanken machen.

Artikel vom 14.01.2006