14.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 


Gruber: »Märchen sind im Grunde alle kurz und knapp, es gibt wenig Handlung.« Um aus einer oder anderthalb Seiten märchenhaftem Text eine 90-minütige Bühnenfassung zu machen, müsse man schon Passendes hinzuerfinden. In Bielefeld habe er die Weihnachtsmärchen den Schauspielern, die dafür vorgesehen waren, immer auf den Leib geschrieben.
Seine Märchen haben mehrere Bielefelder Kinder-Generationen begeistert. Die wohl inzwischen meistgespielten sind »Aschenputtel« sowie »Aladin und die Wunderlampe«.
Ein Märchen aber ist noch nicht uraufgeführt: »Frau Holle«. Gruber: »Daran habe ich zwei Jahre lang gearbeitet - ich wollte die Pechmarie nicht so negativ, so holzschnittartig darstellen.« Die Pechmarie, der alles danebengeht, findet Erfüllung im Tanz - und zieht zum Schluss mit einem Musiker davon . . .
Zwei weitere Märchenstücke hat Gruber in Arbeit. Das Theater Darmstadt hat ihn um einen Entwurf für eine Aufführung von »Nussknacker und Mausekönig« gebeten, außerdem arbeitet er an »Allerleirauh«.
Drei Jahre hat Alexander Gruber auch in den »Neuen Schauspielführer« investiert. 17 Autoren haben daran geschrieben. Gruber: »Einen Teil der Stücke, über die man schreiben wollte, durfte sich jeder aussuchen, ein Teil wurde zugeteilt, und dann gab es noch einen Teil, über den niemand so recht schreiben wollte.« Dazu gehörte zum Beispiel Die »Braut von Messina«. Gruber: »Ich habe es dann gemacht . . .« Er findet, dass die Komödien in Schauspielführern allgemein zu kurz kommen. Deshalb habe er versucht, Texte zu »Arsen und Spitzenhäubchen« (in Bielefeld ein bombastischer Erfolg) und zu »Kaktusblüte« unterzubringen, aber: »Leider ist mir das nicht gelungen.« Dafür aber immerhin von Neil Simon »Barfuß im Park« und die »Sonny-Boys«.
Der Umfang sei vorgegeben gewesen: »Da musste man sich disziplinieren.« Grubr deutet nicht, sondern schildert. Er versteht den Schauspielführer als Orientierung und als Nachschlagewerk: »Da kann ein Theaterbesucher nachlesen, worum sich das Stück dreht, das er sich anschauen möchte.« Ein Leitfaden durch das Welttheater.
Es gefällt ihm, dass er jetzt Zeit findet, um Bücher zu schreiben. Schiller- und Mozart-Jahr waren willkommener Anlass, Heinrich Heine könnte ein »Kandidat« sein, denn, so Gruber: »Auf ihn geht die Idee für den ÝFliegenden HolländerÜ zurück.«
Heute frage er sich manchmal, woher er in seinen Jahren als Chefdramaturg überhaupt die Zeit genommen habe, die Vielfalt der Aufgaben bewältigen zu können. Gruber: »Damals hat mir meine Mutter den Rücken frei gehalten, heute bin ich selbst Hausmann und muss mich um alles kümmern.« Wird eines seiner Stücke gespielt, versucht er, sich eine Vorstellung anzuschauen. Er gehe auch in Bielefeld ins Theater, »aber nicht so häufig.« Aber er freue sich auf die Neueröffnung des Stadttheaters: »Ich bin sehr gespannt.«
Als Gruber sich während der Bauphase, als der Saal samt Bühne praktisch entkernt war, dort einmal umsah, seien »tausend Erinnerungen« auf ihn eingeströmt, gesteht Gruber. Zum Beispiel an sein »Däumelinchen«, von dem er wollte, dass es sich »emanzipiert«: Däumelinchen wollte sein wie andere Mädchen und zur Schule gehen und etwas lernen, der Dichter Andersen dagegen möchte, dass es den Prinzen heiratet. Gruber: »Als dann die Kinder nach ihrer Meinung befragt wurden, stimmten die für die Prinzenheirat - das hat mich damals total überrascht.« Er mag es nicht, wenn Märchen miteinander vermischt werden, der Ursprung womöglich nicht mehr zu erkennen ist. Er erinnert sich auch daran, wie einmal 32mal die Mittagspause ausgefallen ist, weil 32mal ein Vorsingen für einen Part war: »Dafür war eben einfach nur mittags Zeit . . .«
An seinem nächsten Buch arbeitet er bereits - es ist, wie es so schön heißt, »in Vorbereitung« Alexander Gruber lässt sich nicht unter Druck setzen. Es werden Gedichte, und der Titel für den Band steht bereits fest: »Ein Meerschwein hebt sein Bein«. Also etwas eher Heiteres.
Ein ausgesprochenes Lieblingsstück hat Alexander Gruber nicht. Auch »seine« Märchen seien ihm alle ans Herz gewachsen und gleich lieb. »Allerleirauh« lässt ihn noch grübeln. Da gebe es eine Stelle, an der die Tiere des Waldes ein Stück ihres Fells für den Mantel abgeben würden. Gruber: »Wie ich das umsetze, weiß ich noch nicht so richtig.«
Das letzte Bielefelder Weihnachtsmärchen »Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« hat ihm gefallen: »Das war ein Märchen, wie es sein sollte.«

Artikel vom 14.01.2006