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Wie menschliche
Sprache entstand

Kommunikation unter Primaten


Bielefeld (sas). Sprache ist für uns selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich ist, dass wir ein Stirnrunzeln oder Lächeln des Gegenübers richtig interpretieren, dass wir begleitende Gesten richtig einordnen. Woher aber kommen diese Fähigkeiten? Welche Rolle spielen körperliche Signale, und was können wir aus dem Vegleich mit nichtmenschlichen Primaten - Schimpansen, Berberaffen und Pavianen - lernen? Fragen, mit denen sich Wissenschaftler am Zentrum für interdisziplinäre Forschung befassen.
Die stammesgeschichtliche Entwicklung der Sprache, aber auch das Verstehenlernen des Einzelnen sind das Thema der Tagung unter Leitung von Prof. Dr. Ipke Wachsmuth, Technische Fakultät Uni Bielefeld, und Prof. Dr. Günther Knoblich, Psychologe an der Rutgers University, Newark, USA. Eingebettet ist sie in das Programm der Forschungsgruppe »Verkörperte Kommunikation bei Menschen und Maschinen«. Denn daraus, wie das Miteinander zwischen Menschen funktioniert, möchte Wachsmuth lernen, wie die Kommunikation mit Robotern und virtuellen Agenten sein müsste, um reibungslos zu klappen.
Sprache ist nicht angeboren - sie muss erlernt werden. Das gilt für menschliche Babys ebenso wie für kleine Affen. Allerdings: »Die Affen haben keine Freiheitsgrade: Sie können keine neuen Laute erfinden oder initiieren«, betont Primatenforscherin Dr. Julia Fischer, Göttingen. Gleichwohl entwickeln sie im Zusammenleben mit Menschen erstaunliche Fähigkeiten, können die Zeichensprache erlernen oder Symbolplättchen nutzen - weil das Vorteile (zumeist in Form von Futter) mit sich bringt. In freier Wildbahn aber fehlt ihnen diese Motivation.
Für Affen und Menschen gilt allerdings, dass es das Zusammenspiel von Wörtern und Lauten, Gestik, Mimik und Körperhaltung ist, das Sprache ausmacht und zum gegenseitigen Verstehen führt. Oft genug verlangt das wenig Überlegung, sondern erfolgt intuitiv. Dabei spielen so genannte Spiegelneuronen eine Rolle: »Wenn jemand zum Beispiel beobachtet, wie sein Gegenüber ein Glas Wasser nimmt, werden bei ihm die gleichen Hirnareale aktiviert wie bei dem, der nach dem Glas greift«, erklärt Dr. Christian Keysers, Groningen. Das »Mit-Fühlen« ist also nicht nur ein Prozess des Überlegens, sondern auch des Instinktes, der zwischen Gleichen funktioniert.
Missverständnisse gibt es da, wo eigenes Verhalten auf eine andere Spezies übertragen wird: Was beim Menschen ein Lächeln ist, bedeutet beim Affen, dass er aggressiv die Zähne zeigt.

Artikel vom 13.01.2006