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Die Ursprünge unseres Sonnensystems

NASA schickt eine Sonde zum Planeten Pluto und spricht von »astronomischer Archäologie«

Washington (dpa). Der Planet Pluto, der kleine »Eis-Zwerg« am Rand unseres Sonnensystems, bekommt erstmals seit seiner Entdeckung vor 75 Jahren Besuch von der Erde.

Am Dienstag kommender Woche soll die Sonde »New Horizons« der US-Weltraumbehörde NASA vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida) zu einem mehr als neunjährigen und sechs Milliarden Kilometer langen Flug aufbrechen. Wie bei einer Zeitreise fliegt der irdische Raumkörper vier Milliarden Jahre zurück in die Vergangenheit - bis zu den Anfängen unseres Sonnensystems. Nach Angaben der NASA wird damit die Ersterkundung aller neun Planeten abgeschlossen.
Die NASA spricht von einer Art »astronomischer Archäologie«, weil Pluto eine unschätzbare Innenansicht der Ursprünge unseres Sonnensystems biete. »Die Erforschung von Pluto und des Kuipergürtels ist wie ein archäologischer Spatenstich in die Geschichte des äußeren Solarsystems; ein Platz, wo wir in die vergangenen Zeiten der Planetenbildung schauen können«, sagt Alan Stern vom Southwest Research Institute in Boulder (Colorado).
Aber auch aus einem anderen Grund ist Pluto für die Astronomen ein »wissenschaftliches Wunderland«. Anders als andere Himmelskörper im so genannten Kuipergürtel jenseits des Planeten Neptun hat Pluto beispielsweise nicht nur einen Mond, sondern drei Trabanten. Dabei ist der Mond »Charon« so groß, dass manche Wissenschaftler sogar von einem Doppelplaneten sprechen.
Frühestens im Juli 2015 fliegt »New Horizons« in einer Entfernung von 10 000 Kilometer - einer kosmischen Winzigkeit - an Pluto vorbei. Fünf Monate lang wird die Sonde den Planeten und dessen Mond »Charon« untersuchen.
Manchmal wiegen Tage in der Raumfahrt ganze Jahre auf. Kann die Raumsonde beispielsweise fristgerecht in einem Zeitfenster bis zum 3. Februar starten, wird sie Anfang 2007 am Planeten Jupiter vorbeifliegen und von dessen Schwerkraft wie mit einem Katapult in Richtung Pluto weitergeschleudert. Startet die Sonde etwa wegen schlechten Wetters erst nach dem 3. Februar, wird die Reise ohne den Schleudereffekt von Jupiter mindestens vier Jahre länger dauern.
Etwa 580 Millionen Euro lässt sich die NASA den Flug in die weniger erforschten Weiten am Rand unseres Sonnensystems kosten. Die Raumsonde hat etwa die Größe eines Klaviers und wiegt 478 Kilogramm. Eines der sieben Instrumente an Bord ist das Ultraviolett-Spektrometer »Alice«, mit dem die Zusammensetzung der Atmosphäre untersucht werden soll. Das »Auge Ralph« wird für die Kartographie benötigt. 200 Tage vor der Annäherung an Pluto wird die Kamera »Lorri« erstmals Aufnahmen machen. Deren Auflösung soll besser sein als die des Weltraumteleskops »Hubble«.
Alle acht anderen Planeten in unserem Sonnensystem sowie sieben Monde, darunter der Erdenmond, sind größer als Pluto. Zum Vergleich: Pluto misst etwa nur zwei Drittel unseres Mondes und leuchtet nach NASA-Angaben 50 000 Mal schwächer als der Mars.

Artikel vom 13.01.2006