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»Ansprüche sind gestiegen«

Turbine Potsdam wiederholt Vorjahressieg bei 27. Jöllenbecker Turnier

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Acht Spiele, acht Siege: Beim 27. Internationalen Frauen-Fußballturnier des TuS Jöllenbeck trug sich der 1. FFC Turbine Potsdam nach 2002 und 2005 zum dritten Mal in die Gewinnerliste ein und nahm den Pokal der Sparkasse Bielefeld gleich wieder mit nach Brandenburg.

Im Endspiel gegen das »Danish Dynamite« von Fortuna Hjørring hieß es 2:2 nach der regulären Spielzeit, 6:5 nach Neunmeterschießen. »Wir haben Glück gehabt. Das Spiel war von Taktik geprägt. Wir haben Selbstvertrauen gesammelt und nehmen aus Jöllenbeck die besten Eindrücke mit«, strahlte Trainer-Vulkan Bernd Schröder. Im Gruppenspiel am ersten Tag hatte Potsdam mit 4:2 ebenfalls die Oberhand behalten; für Schiedsrichter Andreas Steffen (Dornberg) war dies »das beste Spiel des Turniers überhaupt«. Das kleine Finale gewann der FCR Duisburg gegen die wackere Gütersloher Crew mit 2:0.
Elf Stunden kurzweiliger Frauenfußball, an die hundert Auswahlspielerinnen. Wiederum erzielte der amtierende UEFA-Cup-Gewinner Potsdam die meisten Treffer des Turniers; von den insgesamt 130 gingen 31 auf das Konto des Vorjahressiegers.
Warum Deutschland in der FIFA-Weltrangliste mit 2234 Punkten die Nummer eins ist vor den USA und Norwegen, das bekamen die mehr als 2 000 Besucher an beiden Tagen in der Realschulhalle Jöllenbeck auf dem Silbertablett serviert. Wobei Turbine Potsdam neben dem Überraschungsvierten FC Gütersloh die größten Sympathien zuteil wurden. Eine große Anzahl sangeslustiger Fans war von der Havel mit in den Bielefelder Norden gereist.
1300 Sportjournalisten können nicht irren: Bei der Wahl zur »Mannschaft des Jahres 2005« hoben sie Turbine Potsdam auf Rang fünf. In der Bundesliga-Rangliste der besten Spielerinnen ist Abwehr-Ass Ariane Hingst »Weltklasse«; Anja Mittag, Conny Pohlers und Petra Wimbersky (derzeit verletzt) wird das Prädikat »internationale Klasse« bescheinigt - Attribute, die Bernd Schröder mit Genugtuung registriert. Aber, so weiß er: »Die Ansprüche im Umfeld sind gestiegen«. Zwar sei Turbine Potsdam schon zum vierten Mal deutscher Meister der B-Juniorinnen geworden; gleichwohl komme man an der Havel »langsam an die Grenzen«. Weil hierzulande Spielerinnen der Klasse, die Potsdam als Verstärkung benötigt, nicht zu finden sind, mussten Schröders Blicke bis nach Brasilien schweifen.
Turbine-Angreiferin Cristiane Rozeira de Souza Silva weilte bis gestern in ihrem Heimatland. Schröder erwartet jetzt die 19-jährige isländische Stürmerin Margret Lara Vidarsdottir (Valur Reykjavik) zum »Schnuppertraining« im Potsdamer Luftschiffhafen. Seine »Sichtung« in Jöllenbeck blieb erfolglos. »Nichts für uns dabei«.
»Der Frauenfußball«, philosophiert Potsdams Visionär, »muss eine eigene Philosophie entwickeln. Wir dürfen nicht alles eins zu eins von den Männern übernehmen. Wenn bei uns der gleiche Jargon wie bei denen Einkehr hält, bin ich nicht mehr dabei. Auf Theatralik, systematische Fouls, Spucken oder Rudelbildung kann ich verzichten«.
Am kommenden Wochenende spielen die zwölf Frauen-Bundesligisten in der Bonner Hardtberghalle den DFB-Hallenpokal um den Oddset-Cup aus. Am 22. Januar bezieht die Frauen-Nationalmannschaft ihr Wintertrainingslager in Chiclana de la Frontera. Logiert wird im gleichen Hotel wie die Profis des DSC Arminia. Sport

Artikel vom 16.01.2006