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Loboué vor
dem Absprung

Paderborn sitzt am längeren Hebel

Von Matthias Reichstein
Costa Ballena (WB). Verspielt Stephan Loboué seine Karriere, oder macht der 24-jährige Torhüter des Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07 möglicherweise den nächsten großen Schritt? Fakt ist: In dieser Woche stellt sich der Keeper beim abstiegsbedrohten französischen Erstligisten FC Metz vor.

Enttäuscht, erstaunt, erschrocken - die Reaktionen auf Loboués Vorbereitungen zum Absprung aus Paderborn waren beim Zweitliga-Neuling eine Mischung aus allem. Die ersten Konsequenzen zog aber bereits Trainer Jos Luhukay. Egal wie sich der 1,94 Meter lange Schlussmann entscheidet, zum Rückrundenauftakt gegen die SpVg. Unterhaching (22. Januar) steht Loboué nicht im Tor. Luhukay: »Im Trainingslager konkurrieren täglich zwei Keeper um den einen Platz. Stephan stellt sich dem nicht und bekennt sich auch nicht zu Paderborn. Also kann er auch nicht spielen.«
Eine Entscheidung mit Folgen. Denn da die Männer zwischen den Pfosten nicht so schnell gewechselt werden, sind Loboués Chancen überhaupt noch einmal zum Einsatz zu kommen, gering. Er müsste auf gravierende Fehler von Lukas Kruse oder Tom Starke warten. Damit würden aber auch Loboués WM-Chancen auf ein Minimum sinken.
Paderborns Mann mit der doppelten 1 auf dem Rücken hatte sich bis vergangenen Montag in Paris mit der Nationalmannschaft der Elfenbeinküste auf den Afrika-Cup in Ägypten (20. Januar bis 10. Februar) vorbereitet. Nationaltrainer Henri Michel nominierte den Paderborner dann zwar doch nicht, versprach Loboué aber einen Länderspieleinsatz im März (gegen Spanien) und attestierte dem »Deutschen« gute WM-Chancen.
Das alles reichte Loboué offenbar nicht. Statt ins Trainingslager nach Costa Ballena zu reisen, erbat sich Loboué die Erlaubnis, bei zwei ausländischen Klubs vorspielen zu dürfen. Sollte es beim FC Metz nicht klappen, steht noch ein englischer Zweitligist auf Loboués Liste. Allerdings hat der Keeper, der in der Hinrunde wegen einer Kreuzbanddehnung nur viermal zum Einsatz kam, nur bis Montag frei und soll eigentlich am Dienstagnachmittag wieder das Training in Paderborn aufnehmen.
Auslöser des Wechselfiebers bei Loboué ist sein neuer Berater. Wurde er bislang vom Türken Ali Bulut (hat auch Hüzeyfe Dogan und René Müller unter Vertrag) betreut, steht ihm seit einigen Wochen Ex-Profi Michael Schulz (Bremen, Dortmund) zur Seite. Eine Entwicklung, die Torwarttrainer Zsolt Petry mit Sorge beobachtet: »Stephan ist zu ungeduldig. Er ist noch jung und sollte sich erst einmal in der 2. Liga stabilisieren und nicht gleich zwei Schritte auf einmal machen.«
Am längeren Hebel sitzt der SC Paderborn. Loboués Vertrag läuft noch bis zum 30. Juni, und Luhukay machte deutlich: »Wenn Stephan seine sportliche Zukunft nicht mehr beim SC Paderborn sieht, kann er gehen. Aber dann nur zu unseren Bedingungen.« Das heißt, Paderborn wird eine Ablösesumme verlangen. Die soll bei etwa 100 000 Euro liegen. Luhukays zweite Bedingung wird sein, dass sich Loboué noch einmal einem Gespräch stellt. Denn bereits seit November hat der Schlussmann einen unterschriftsreifen Vertrag bis 2008 vorliegen, wurde nach seiner Verletzung intensiv betreut und auch für die Nationalmannschaft frei gegeben. »Wir haben Stephan mehr unterstützt als manch anderen Spieler. Deshalb wollen wir wissen, was in den letzten Tagen passiert ist und warum Stephan plötzlich einen anderen Weg gehen will.«
Sollte sich Loboué tatsächlich für einen Wechsel entscheiden, wird der SCP aber keinen Keeper mehr nachverpflichten. »Wir haben keine Notsituation«, sagt Luhukay und verweist auf den aktuelle Kader: Mit Kruse und Starke stehen zwei Torhüter im Training, in der Hinrunde war Kruse monatelang ohne Konkurrenz.

Artikel vom 13.01.2006