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Die Hoffnung heißt Azaouagh

Nach 14 Monaten Comeback in Paderborn - Schalke korrigiert Ziele nicht

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). »Königsblau« war der Himmel über dem Paderborner Hermann-Löns-Stadion, als die Schalker am Samstag zum Benefizspiel beim Zweitligisten SC Paderborn (1:1) antraten, das größte Geschenk machten sich die Knappen aber selbst: Mimoun Azaouagh feierte sein Comeback.

Damit endet eine 14-monatige Verletzungspause des Ex-Mainzers, dessen ständige Kniebeschwerden (Innenbandriss, Meniskuseinriss) nach drei Eingriffen beendet sind. »Ich habe jede Sekunde des Spiels genossen, weiß aber auch, dass ich noch einen weiten Weg vor mir habe«, strahlte der 23-Jährige, der besonders seinen neuen Cheftrainer glücklich machte: »Es hat mir unheimlich viel Spaß bereitet, ihn zu sehen«, meinte Mirko Slomka, der Azaouagh am Samstag die Entscheidung selbst überlassen hatte, ob er einen ersten Einsatz wagt, oder nicht.
Denn die äußeren Bedingungen waren alles andere als ideal. Der Rasen war teils hart gefroren, teils aufgetaut und damit extrem rutschig. Doch der gebürtige Marokkaner zögerte keine Sekunde. »Damit hat er selbst den Knoten durchschlagen. Die Angst vor neuen Rückschlägen ist bei ihm komplett weg«, meinte Slomka. Eine Halbzeit lang ließ er Azaouagh, der seine beste Szene in Minute 22 hatte, auf dem Feld. Nach guter Vorarbeit bediente er mustergültig Ebbe Sand, doch der Kapitän schoss den Ball über das Tor.
Besser machten das nach dem Wechsel René Müller (61.) und Sören Larsen (63.). Paderborns Spielführer brachte den SCP in Führung, 120 Sekunden später besorgte der Däne im Schalker Dress den Ausgleich. So endete auch das Testspiel, das besonders Slomka nutzte, um viel auszuprobieren. Er schonte zwar seine Stars Frank Rost, Marcelo Bordon und Lincoln, setzte beim Vizemeister aber insgesamt 19 Spieler ein. Denn für den Nachfolger von Ralf Rangnick werden die Ziele nicht neu definiert. »Wir wollen Dritter werden und in die Champions-League. Das ist unser Anspruch, da gibt es nichts zu korrigieren«, machte der künftige Manager Andreas Müller auch in Paderborn deutlich. Die Schalker schielen bei 13 Punkten Rückstand auf die Bayern zwar nicht mehr nach der Schale (Müller: »Das dürfte schwierig werden«), sagen den Konkurrenten aus Hamburg und Bremen aber deutlich den Kampf an: »Die Chancen, Dritter zu werden, sind noch da. Außerdem bleibt es abzuwarten, ob der HSV sein hohes Niveau auch über die gesamte Saison halten kann.«
Ein Blick auf die Tabelle verrät aber nicht nur den Schalker Rückstand auf das Spitzen-Trio, es zeigt auch deutlich, warum der Revierklub erst 31 Punkte auf dem Konto hat. Siebenmal spielten die Schalker Unentschieden und behielten nur ein Pünktchen. »Bei der Drei-Punkte-Regel absolut zu wenig. Ich verliere in der Rückrunde lieber mal ein Spiel mehr, wenn wir dafür drei Partien mehr gewinnen«, rechnet Müller hoch.
Für Siege braucht es Treffer und auch da sieht es nicht so gut aus. Die Torausbeute liegt bei 20, erst der Ligadreizehnte VfL Wolfsburg (17) hat noch weniger geschossen. »Dabei hatten wir in jedem Spiel genug Möglichkeiten, wir müssen die Dinger nur rein machen«, moniert Müller die Abschlussschwäche seiner Offensive. Mithelfen, dass es besser wird, soll auch Mimoun Azaouagh. »Er ist ein kleiner Hoffnungsschimmer«, hofft Andreas Müller, dass der kleine Mann in der Rückrunde groß aufspielt.
Das wäre wichtig für Schalke, für Müller und natürlich auch für den neuen Trainer. Denn Noch-Manager Rudi Assauer, der schon bei der Inthronisierung des Co-Coaches (»Auf die Idee Slomka wäre ich nicht gekommen«) kein Geheimnis daraus machte, an der Findung nicht beteiligt gewesen zu sein, teilte am Sonntag via Bild mit, wie er sich die Rolle als neuer Präsident des FC Schalke 04 vorstellt. »Ich werde kein Präsident sein, der lediglich Grab- und Geburtstagsreden halten wird.« Da darf man schon jetzt gespannt sein, wieviel Dampf Assauer ablässt, wenn der Himmel über den FC Schalke 04 nicht mehr so königsblau strahlt wie noch am Samstag in Paderborn.

Artikel vom 16.01.2006