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Heller attackiert
FIFA-Chef Blatter

Politiker sind für Ersatz-Gala

Berlin (dpa). Verbal-Attacken von André Heller gegen FIFA-Präsident Joseph Blatter, Forderungen von Politikern nach einer Ersatz-Party und Gerüchte um Beschwerden von Weltmeister Brasilien.

Die blamable Absage der für den 7. Juni geplanten WM-Gala im Berliner Olympiastadion sorgt weiter für großen Wirbel und bringt auch das deutsche Organisationskomitee nach Ticket-Streit und Stadion-Studie wieder in Erklärungsnot. Über das Wochenende war das OK bemüht, den Imageschaden zu begrenzen und das Verhältnis zum für die Absage verantwortlichen Fußball-Weltverband nicht zu belasten.
Der künstlerische Leiter der abgesagten Mega-Show nahm jedoch kein Blatt vor den Mund und griff FIFA-Boss Blatter persönlich an. »Es ist ein Unglück. Wahrscheinlich ist Blatter eines Morgens aufgewacht und hat sich gedacht, die Kunst macht mir Probleme«, sagte Heller. Der Österreicher forderte zudem eine FIFA-Entschuldigung an die ausgebooteten Künstler, darunter Weltstars wie Peter Gabriel und Jessye Norman.
»Zu denen muss man nobel sein, denen müsste auch die FIFA Briefe schreiben. Da kann nicht nur ich hingehen und die umarmen und mich entschuldigen für etwas, wofür ich nichts kann«, so Heller weiter. Die finanziellen Folgen des Ausfalls des mit 25 Millionen Euro veranschlagten Events habe allein die FIFA zu tragen, so Heller, der für den Zeitpunkt der Absage »kein Verständnis« zeigte.
Dem Weltverband könnten nun Schadensersatzansprüche drohen. »Jeder, der einen Vertrag hat mit der FIFA, wird sich Gedanken machen können, ob er Schadenersatzansprüche geltend machen will«, sagte der Staatssekretär der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, Thomas Härtel (SPD), gestern. Das Land Berlin könne dies jedoch nicht tun, da es keinen Vertrag mit der FIFA habe.
Während als Ersatzorte das Brandenburger Tor und Münchens Olympiastadion von Politikern ins Spiel gebracht wurden, räumte DFB-Präsident Theo Zwanziger einen Ansehensverlust ein. »Die Erwartungen sind nicht erfüllt worden«, so der OK-Vize.
Das OK war bemüht, nicht Öl ins Feuer zu gießen. »Besser den Schrecken jetzt, als später«, sagte ein führendes OK-Mitglied. »Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn das im Juni mit dem Rasen nicht hingehauen hätte. Dann wären alle über uns hergefallen.« Trotz großer öffentlicher Skepsis hielt die FIFA an ihrer Begründung für die Absage fest: Bei nur sechs Tagen zwischen Gala und dem ersten Spiel wäre ein Restrisiko für den Rasen geblieben.
Offenbar kamen besonders aus Brasilien Bedenken. »Gewisse Einflüsse« auf die FIFA hätten zur Absage beigetragen, hieß es aus OK-Kreisen. Auf jeden Fall sollte dem Titelverteidiger Brasilien mit Ronaldo, Ronaldinho und Co. zum Auftakt gegen Kroatien »beste Möglichkeiten gegeben werden«.
Als völlig abwegig wurde aus dem OK das Argument bezeichnet, finanzielle Erwägungen hätten zur Absage geführt. »Geld hat Null Komma Null eine Rolle gespielt«, hieß es. Der Verkauf der Fernsehrechte bei diesem als »65. WM-Spiel« geplanten Spektakel hätten selbst dann zu beträchtlichen Einnahmen geführt, wenn das Stadion nicht ausverkauft gewesen wäre. Bislang waren laut FIFA erst 7000 Tickets abgesetzt worden.
Obwohl die FIFA nach der Absage einen Ersatzort abgelehnt hatte und eine Offerte aus München zurückwies, sprachen sich auch am Wochenende Politiker und Vertreter der Tourismusbranche für eine Ersatzfeier aus.

Artikel vom 16.01.2006