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Volkskrankheit
Vorhofflimmern:
Neue Therapie

Fortbildung über Herzkrankheiten

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Herzschwäche und das Vorhofflimmern, die häufigste Form der Herzrhythmusstörungen, sind zu richtigen Volkskrankheiten geworden - »mit steigender Tendenz«, wie Prof. Dr. Christoph Stellbrink betont. Immerhin fünf bis sechs Prozent der über 60-Jährigen und acht bis zehn Prozent der über 80-Jährigen leben mit einem Vorhofflimmern.

Grund genug für den Chefarzt der Klinik für Kardiologie an den Städtischen Kliniken Mitte, diese spezielle Rhythmusstörung und die Herzinsuffizienz in den Mittelpunkt einer Ärztefortbildung zu stellen. Stellbrink erwartet am kommenden Samstag in der Stadthalle etwa 150 Teilnehmer - Kardiologen und Internisten vor allem aus Bielefeld und Umgebung, aber auch aus anderen Teilen Deutschlands. Als Referenten konnte er prominente Spezialisten gewinnen.
Hauptursache der Herzmuskelschwäche sind Herzinfarkte, als deren Folge ein Teil des Herzens vernarbt ist, und Herzmuskelentzündungen, aber auch Chemotherapien, Alkohol und eine genetische Disposition können für die Insuffizienz verantwortlich sein. »Bei der Herzmuskelschwäche gibt es zwei Risiken: den plötzlichen Herztod und die zu schwache Pumpleistung«, erklärt Stellbrink.
Rettung verspricht der Einsatz von Defibrillatoren, die ein Herz beim Stillstand wieder »anwerfen«, oder spezielle Schrittmacher, so genannte Resynchronisationsschrittmacher. »Sie verbessern einen ineffektiven Pumpablauf des Herzens und lassen es wieder kräftiger schlagen.« Beide Geräte werden unter dem Brustmuskel implantiert - in der Regel unter Vollnarkose -, anschließend werden Sonden über eine Vene ins Herz eingeführt. Für den Patienten bedeuten Defibrillator und Schrittmacher keine Beeinträchtigung, er muss lediglich Magnetfelder meiden. Mit den Geräten sind auch Kernspin-Untersuchungen derzeit nicht möglich.
Nicht mehr nur medikamentös wird auch das Vorhofflimmern therapiert. Anders als das Kammerflimmern, das lebensbedrohlich ist, ist diese Art der Herzrhythmusstörungen nicht gefährlich, aber doch lästig und sehr belastend. Und eine Gefahr besteht durchaus: Es kann, weil immer ein Rest Blut im Herzen stehen bleibt, zu Blutgerinnseln kommen, die sich lösen und ins Gehirn gelangen können. Die Folge ist ein Schlaganfall. Um dieses Risiko zu senken, müssen die Betroffenen häufig blutverdünnende Medikamente nehmen.
Es bleiben aber die Rhythmusstörungen, deren medikamentöse Behandlung oft nicht hinreichend oder sicher genug ist. »Außerdem lösen manche Medikamente sogar Rhythmusstörungen aus, die gefährlicher sind als das Vorhofflimmern.« Also versuchen die Mediziner, das Übel an der Wurzel zu packen und die Ursache des Vorhofflimmerns zu beheben. »Es entsteht oft durch elektrische Pulse, die von den Lungenvenen ausgehen. Durch einen Herzkatheter kann man die Venen quasi elektrisch isolieren - die Leitung ins Herz wird blockiert, und es schlägt wieder ruhig.«
Das Verfahren ist noch neu, wird aber an den Städtischen Kliniken bereits mit Erfolg eingesetzt. »Je früher man diese Therapie anwendet, desto besser. Wenn das Vorhofflimmern schon chronisch ist, wird man es eher lassen und nur Blutverdünner einsetzen, um die Embolie zu vermeiden.«

Artikel vom 12.01.2006