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Zauberhafte Visionen von Welt

Kunstverein präsentiert Positionen junger amerikanischer Künstler

Von Uta Jostwerner
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). »Bibbidi Bobbidi Boo« sagt die Zauberfee im amerikanischen Trickfilm »Cinderella«, und schon taucht das Aschenputtel in eine neue märchenhafte (Traum-)Welt ein. Ähnlich ergeht es dieser Tage auch dem Besucher des Museums Waldhof.

Nach einer Schau mit hochrangigen Positionen junger figurativer Malerei aus Deutschland lenkt der Bielefelder Kunstverein nun den Blick auf eine Kunstrichtung, die frisch und fabenfroh aus der amerikanischen Kulturmetropole New York kommt. Präsentiert werden die Werke von sieben jungen Künstlern, die sich auf dem internationalen Kunstmarkt etabliert haben beziehungsweise gerade etablieren.
Daniel Davidson, Tilo Kaiser, Dan Kopp, Gildes Lyon, Jin Meyerson, Mark Dean Veca und Tricia Keightley als einzige Frau in der Künstlergruppe stammen aus unterschiedlichen Bundesstaaten der USA. Eine Ausnahme bildet Tilo Kaiser, der 1965 in Frankfurt am Main geboren wurde und seit 15 Jahren in New York lebt.
Trotz unterschiedlicher Sozialisation ist allen der künstlerische Umgang mit der Pop Art, mit Werbeillustration und -illusion, mit Comics, Cartoons und Disney gemeinsam. Und trotz ihres zeichnerischen Ansatzes repräsentieren die sieben Künstler zugleich den Trend zurück zur Malerei.
Gleichwohl mag Tilo Kaiser, von dem auch die Anregung zu der Ausstellung stammt, auf die Vorteile der Zeichnung nicht verzichten. Quasi als künstlerische Aufwertung hat er eine Methode gefunden, seine auf feinem Seidenpapier gezeichneten »Gedanken« mit der großformatigen Leinwand zu verbinden. Aus Zeichnung mit urbanen Formen sowie Verpackungspapier mit asiatischen Schriftzeichen komponiert Kaiser traumhaft anmutende, surreale Gemälde.
Giles Lyon dient Farbe als Ausgangspunkt für die Kreation eigener Fantasiewelten. Aus plastischen Farbanhäufigungen entwickelt der Maler seine Werke aus der Bildmitte heraus und arbeitet sie strahlenförmig nach außen aus. »Papas last Party« etwa ist eine Collage aus Farbe und Krawatten von monumentalen Ausmaßen.
Fantasieräume aus zerfallenden Architekturstrukturen begegnen dem Betrachter in den Werken von Dan Kopp. Seine Acrylbilder wirken wie ramponierte Kartenhäuser.
Dem Prinzip der Konstruktion, Dekonstruktion und Verzerrung unterliegt auch das Schaffen von Daniel Davison, Tricia Keightley und Jin Meyerson. Letzterer bannt am Computer verfremdete Fotografien aus dem medialen Bereich in handwerklicher Präzision auf die Leinwand. Farbenfroh und gesellschaftskritisch gleichermaßen, stehen seine Werke in New York derzeit hoch im Kurs.
Fleiß, meisterliche Handhabung und Hintergründiges verbindet Mark Dean Veca in seinen Arabesken. Vordergründig dienen die alten französischen Teppich- und Tapetenmuster dem Maler als Tableaus für versteckt eingeflochtene Traumszenarien und Ikonen der Popkultur.
Sämtlichen Arbeiten gemeinsam ist, dass sie individuelle Visionen einer Welt reflektieren, die in zunehmendem Maße unverständlich wird. Zugleich handelt es sich um Werke, die auf Optimismus und Handwerk zurückgreifen, anstatt sich in Unzufriedenheit und Pessimismus zu vergraben.
Die Ausstellung »Bibbidi Bobbidi Boo« wird am heutigen Freitag, 19 Uhr, eröffnet und läuft bis zum 12 März. Am Donnerstag, 2. Februar, 19 Uhr, findet im Waldhof ein Künstlergespräch mit Tilo Kaiser statt.

Artikel vom 13.01.2006