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Merkel will offenen Dialog

Treffen mit US-Präsident Bush - Kanzlerin: Neue Etappe beginnen

Washington (dpa). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach ihrem ersten Gespräch mit US-Präsident George W. Bush seit ihrem Amtsantritt von einem »neuen Kapitel in den Beziehungen« gesprochen.
Antrittsbesuch in den USA: Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident George W. Bush.

Das mit insgesamt mehr als 100 Minuten ungewöhnlich lange Treffen im Weißen Haus nannte Merkel am Freitag sehr offen und ehrlich. Bush würdigte Deutschland als »wertvollen Verbündeten«. Beide Staaten hätten »eine Freundschaft, die sehr wichtig ist«. Die Kanzlerin setzte sich für einen intensiveren Austausch zwischen Berlin und Washington ein. Deutschland wolle ein verlässlicher Partner für Europa und für die USA sein, betonte Merkel.
»Es war ein wichtiger erfolgreicher Besuch«, sagte sie in einem Fazit ihrer Gespräche mit Bush. Die Kontakte sollten vertieft werden. Schon im Mai plane sie einen erneuten Besuch in den USA. Sie habe auch Bush nach Deutschland eingeladen.
In den zentralen politischen Fragen gebe es viele Gemeinsamkeiten, sagte Merkel, die aber auch auf einige unterschiedliche Sichtweisen beispielsweise im Kampf gegen den Terrorismus verwies. Bei dem Gespräch mit Bush habe sie auch das US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba angesprochen. Bush sagte, die USA würden weiter an Guantánamo festhalten. Dies sei im »Krieg gegen Terror« notwendig. Über das Lager gebe es »falsche Wahrnehmungen«. Die Gefangenen würden human behandelt.
Die Probleme angesichts der iranischen Nuklearanstrengungen müssen nach Bushs Worten diplomatisch gelöst werden. Iranische Nuklearwaffen wären eine »gravierende Gefahr für die Sicherheit in der Welt«. Die US-Regierung und die deutsche Regierung stimmten in dieser Frage überein, sagte Bush. Merkel verwies auf die Übereinstimmungen beim Thema Iran. Auch die Kanzlerin ist dafür, eine möglichst »breite Grundlage der Staatengemeinschaft« anzustreben. Merkel nannte im Weißen Haus die Infragestellung Israels durch Teheran »völlig inakzeptabel«. »Wir werden uns sicher nicht von einem Land wie Iran einschüchtern lassen«, sagte sie.
Bush betonte, dass er »keine Ahnung« von einer möglichen Hilfe von Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Irak-Krieg für die US-Militärs habe. Er habe an diesem Vormittag im Gespräch mit Merkel das erste Mal davon gehört.
Merkel hatte sich am Vorabend für einen »offenen und ehrlichen« Dialog zwischen den USA und Deutschland auch in Streitfragen ausgesprochen. Auf einem Empfang des deutschen Botschafters verwies sie darauf, dass die USA und Deutschland zum Teil ein unterschiedliches Gefühl der Bedrohung hätten. Merkel warb ferner für eine Stärkung der NATO. Sie müsse wieder zu der Institution gemacht werden, in der die westlichen Länder ihre strategischen und politischen Diskussionen führten. Seite 4: Hintergrund,Leitartikel

Artikel vom 14.01.2006