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Diese Legenden sterben niemals

»The Rat Pack« - »Standing Ovations« für eine perfekte Illusion

Von René Gast (Text)
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr., sie waren und sind »The Rat Pack«. Dass das Gipfeltreffen der unwiderstehlichen Charmeure auch im Jahre 2006 überhaupt möglich ist, ist neben der authentischen Inszenierung insbesondere das Verdienst der großartigen Doppelgänger. Sie bringen ein gutes Stück »Las Vegas« nach Bielefeld!

»Einmal zwicken, bitte!« Der Vorhang öffnet sich, die Big Band beginnt zu spielen, und da steht er, Frank, der echte Frank Sinatra. Nach einem kurzen, warmen Schauer über den Rücken meldet sich alsbald der Verstand. Nicht die wahrhaftige Swing-Legende steht dort oben auf der Bühne, sondern »nur« Chris Mann, ein smarter Engländer, der in die Rolle des sexy Machos von damals schlüpft. Der macht seine Sache jedoch derart gut, dass man sich der Illusion für mehr als zwei Stunden bedenkenlos hingeben möchte.
Mit »I«ve got you under my skin« sorgt »Frank« für Gänsehaut, wie eh und je, mimt den großen Lebemann von damals derart authentisch, dass man es ihm ohne Zögern abnimmt, wenn er Dean Martin, eigentlich Nigel Casey, als seinen »besten Freund« ankündigt. Das »Rat Pack« scheint wieder zum Leben erweckt, der dritte im Bund der Swing-Heroen, Sammy Davis Jr., diesmal in Gestalt des Darstellers Alonzo Saunders, frönt dem leichten Leben mit Zigaretten, Frauen und gutem Whisky.
Der Auftritt des »Rat Packs« geriet dank perfekt vorgetragener Klassiker wie »Everybody loves somebody sometime« und detailverliebter Inszenierung des Regisseurs »Mitch Sebastian« zu einem wahren Gänsehaut-Konzert. »Dean Martin« mimte den unwiderstehlichen Womanizer, der sich gern mal die eine oder andere Zigarette und noch lieber einen Whisky nach dem nächsten genehmigte. An der Seite seines Freundes, des großen »Frank Sinatra«, fühlte er sich dazu berufen, dem »kleinen Sammy Davis Jr.« so manchen väterlichen Rat zu geben, stets verpackt in neckische Kommentare. Ohnehin wurde der Klamauk an diesem Abend in der Bielefelder Stadthalle zelebriert, indem der Whisky mal über die Bühne spritze, oder »Mr. Davis Jr.« mit herunter gelassenen Hosen über die Bühne geschoben wurde. Zwar führte dies zu ein paar Rissen in der ansonsten stets aufrecht erhaltenen Illusion, provozierte jedoch manch gut platzierten Lacher beim Publikum.
Im Vordergrund standen zweifellos die großen Männer des Swing, deren überlebensgroßen Konterfeis den Hintergrund der Bühne zierten, vor dem die hervorragend aufspielende Big Band agierte. In der Melange aus Klassikern der leichten Muse, lässig dargeboten mit dem Whisky-Glas in der Hand, und verruchter Erotik, für die die »Barellis Sisters« zuständig waren, wurden die berühmten Vorbilder nicht bloß einfach imitiert oder parodiert. Die drei Darsteller, die allesamt zu den bekanntesten Musical-Stars, u. a. am Broadway, gehören, hauchten den Stücken, darunter »New York, New York«, »One for my baby« und »What kind of fool«, Leben ein.
»The end is near« sang »Frank Sinatra« schließlich nach gut zweieinhalb Stunden. »My way«, der obligatorische letzte Song des Abends, erweckte noch einmal Gänsehaut-Gefühle. Die sichtlich gerührten Darsteller wie auch die wunderbare Big Band wurden von dem begeisterten Publikum mit »Standing Ovations« belohnt. Ein Abend voller Illusionen und Emotionen, darunter jene, im Jahre 2006 noch einmal Lieder wie »My way« oder »Mack the knife« von Frank Sinatra live gehört zu haben.

Artikel vom 12.01.2006