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Fälscher statt eines Forscher-Pioniers

Auch Untersuchungskommission entlarvt Hwangs Stammzellen-Studien

Seoul (Reuters/dpa). Zwei als wissenschaftliche Pionierleistungen gefeierte Stammzellen-Studien des südkoreanischen Wissenschaftlers Hwang Woo Suk sind einer Untersuchungskommission zufolge gefälscht. Der Fall sei »skandalös«, erklärte der Ausschuss der Universität von Seoul.
Südkoreas Volksheld als Fälscher
entlarvt: Hwang Woo Suk.

Hwangs Forschergruppe habe weder zum erstenmal menschliche Embryonen geklont noch auf Patienten maßgeschneiderte Stammzellen hergestellt.
Die Kommission bestätigte allerdings einen anderen Erfolg Hwangs, nämlich das Klonen des ersten Hundes. Die Fälschungen sind der wohl größte Wissenschaftsskandal der jüngeren Geschichte.
Die 2004 und 2005 in der US-Fachzeitschrift »Science« veröffentlichten Artikel galten bisher als Sensation. Die Forschungsergebnisse nährten die Hoffnung, dass sich schon in naher Zukunft lebendige Ersatzteile für den menschlichen Körper herstellen lassen. Diese sollen aus Stammzellen gezüchtet werden, die noch nicht auf bestimmte Funktionen festgelegt sind. Sie müssen die Erbinformationen des Patienten erhalten, damit der Körper die Ersatzteile nicht abstößt. So könnte zum Beispiel die Parkinson-Krankheit geheilt werden.
»Hwangs Team hatte nicht die Daten der Stammzell-Linien in der Studie von 2004, sondern fälschte sie«, sagte der Kommissionsvorsitzende Chung Myung Hee. Das gelte auch für den anderen Artikel. Die Forscher besäßen nur eine Technologie, um geklonte menschliche Blastozysten zu erzeugen. Dies sind Embryos in einem sehr frühen Stadium, aus denen die Stammzellen erst noch gewonnen werden müssen. Für die Forschungen seien zudem mehr Eizellen verwendet worden als berichtet - der angeblich geringe Verbrauch hatte als weiterer Erfolg Hwangs gegolten.
Dagegen hätten die Wissenschaftler tatsächlich erstmals einen Hund geklont, stellte die Kommission weiter fest. DNA-Tests hätten belegt, dass die Veröffentlichung in dem britischen Magazin »Nature« vom vergangenen Jahr über den Klonhund »Snuppy« zutreffend war. Die künstliche Erzeugung menschlicher Zellen, die genetisch identisch sind, ist schwieriger als bei Tieren.
Die südkoreanische Justiz leitete gestern ein Ermittlungsverfahren gegen Hwang ein. Der 53-Jährige müsste südkoreanischen Medien zufolge wegen der Erschleichung von staatlichen Forschungsgeldern mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen. Für viele Südkoreaner war Hwang ein Held, weil er das Land zu einem der wichtigsten Standorte für die Stammzellforschung gemacht hatte.
Mit seinen gefälschten Stammzell-Studien hat Hwang Woo Suk nach Ansicht des renommierten Kölner Forschers Jürgen Hescheler »der gesamten embryonalen und adulten Stammzellforschung einen Bärendienst« erwiesen. »Es gibt da nichts zu beschönigen. Ein Fälschungsskandal ist das Schlimmste, was in der Wissenschaft überhaupt passieren kann«, sagte Prof. Hescheler. »Den größten Schaden hat er angerichtet bei den Patienten, die auf eine baldige Therapie gehofft hatten«, kritisierte der Stammzellforscher.

Artikel vom 11.01.2006