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Pechstein im EM-Glück

33-jährige Berlinerin erkämpft ihren zweiten Titel

Hamar (dpa). Die deutsche Serie hielt: Claudia Pechstein hat beim Eis-Chaos im »Wikingerschiff« von Hamar klaren Kopf behalten und ihren zweiten Titel bei Europameisterschaften nach 1998 erkämpft.

Die 33-jährige Berlinerin verlängerte in Norwegen in Abwesenheit der verletzten Anni Friesinger die seit 2000 anhaltende Siegesserie deutscher Eisschnellläuferinnen. Sie blieb zwar ohne Streckensieg, befindet sich aber vier Wochen vor Beginn der Winterspiele in Turin im Olympia-Fahrplan.
Überschattet wurden die Olympia-Generalprobe von peinlichen Pannen an den Eis-Anlagen. Nachdem die 5000 m am Samstag wegen zugefrorener Rohre nicht wie geplant ausgetragen werden konnten, kam es beim 100. Titelkampf der Herren zum Novum in der EM-Historie: Erstmals mussten die drei langen Strecken über 1500, 5000 und 10 000 m an einem Tag gelaufen werden. »Wir stehen jetzt da wie die Dummköpfe, aber gegen diese technische Panne ist niemand gefeit«, verteidigte sich Organisations-Chef Björn Ruud.
Claudia Pechstein zeigte sich von der lange währenden Ungewissheit über den Ablauf des Titelkampfes und die Verlegung des Zeitplans wenig beeindruckt: Gestern kam sie in 1:58,04 Minuten über 1500 m auf Platz drei hinter ihren niederländischen Konkurrentinnen Ireen Wüst (1:57,16) und Renate Groenewold (1:57,77). Damit schmolz ihr Polster für die 5000 m zwar auf drei Sekunden. Zäh wehrte sie jedoch die Attacken von Groenewold in der Entscheidung ab, kam in 7:08,02 Minuten auf den zweiten Rang und erzielte im Vierkampf 163,159 Punkte.
Tags zuvor hatte sie mit der persönlichen Bestzeit von 39,60 Sekunden über 500 m die Grundlage für ihren ersten internationalen Mehrkampf-Erfolg seit dem WM-Gewinn 2000 gelegt. Über 3000 m (4:08,47) fehlte ihr auf den letzten beiden Runden noch das Stehvermögen, um Groenewold (4:05,79) zu bezwingen. Die Niederländerin belegte im Endklassement mit 163,597 Zählern schließlich Rang zwei vor der 19-jährigen Junioren-Weltmeisterin Ireen Wüst (163,849).
Die Vorjahrs-Zweite Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt) war nach einem Infekt noch nicht wieder fit und kam nur auf Rang neun. Hingegen steigerte sich Lucille Opitz aus Berlin und kam wie vor zwei Jahren auf Platz sieben.
Angesichts der technischen Probleme und damit erzwungenen Dreifach-Belastung gestaltete sich die Herren-Konkurrenz zum echten Härtetest bis in die späten Abendstunden. Dabei erzielte der deutsche Meister Tobias Schneider (Berlin) als Zwölfter sein bisher bestes EM-Resultat und sicherte dem deutschen Verband den einzigen Startplatz bei der Mehrkampf-WM. Enrico Fabris gewann beim 100. Titelkampf als erster Italiener eine EM-Goldmedaille. Unter den Augen ihres Königs Harald belegten die Norweger Eskil Ervik und Havard Bökko die Ränge zwei und drei.

Artikel vom 16.01.2006