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Fotografieren ist Hermann
Heyers große Leidenschaft

Auch zum 100. Geburtstag noch aktiv im Leben

Steinhagen (mel). Donnerstags geht Hermann Heyer gerne auf den Markt. Dort kauft er Blumen, die er für sich und seine »Nachbarn« im Matthias-Claudius-Haus auf den Tisch stellt. Dass er Samstag seinen 100. Geburtstag feiert, findet der rüstige Mann gar nicht so wichtig. »Aber es ist schön, dass die ganze Familie kommt!«

Zwar spielen die Beine nicht mehr so recht mit - Hermann Heyer sitzt im Rollstuhl - und besonders gut hören kann er auch nicht mehr, ansonsten fühlt sich der 100-Jährige noch recht fit. Seinem liebsten Hobby, lesen, frönt er immer noch - seinen umfrangreichen Bücherschrank stellte er bei seinem Einzug in das Altenzentrum der Allgemeinheit in der Bibliothek zur Verfügung.
Geboren ist Hermann Heyer am 14. Januar 1906 in Osnabrück, während des Krieges zog er mit seiner Mutter in den Harz, als der Vater aus dem Krieg zurückkam zog die Familie nach Haltern um. In der Schule habe er immer viele Dummheiten gemacht. Deshalb war er auch wenig begeistert, als seine Eltern ihn 1924 zur Polizeischule nach Münster schickten. Viele Stationen hat Heyer durchlaufen - von der damaligen Schutzpolizei bis zur Kripo - doch glücklich war er in seinem Beruf nicht. Deshalb machte Hermann Heyer 1948 eine weitere Ausbildung zum Industriefotogafen bei der Firma Dürkopp in Bielefeld. »Ich habe Reklamefotos für Nähmaschinen und Fahrräder gemacht«, schwärmt der Mann noch heute. Das Fotografieren hat ihn immer fasziniert, noch heute holt er seine Leica-Kamera manchmal aus dem Schrank, wenn die Familie zu Besuch ist.
Seine Frau Liesel lernte Hermann Heyer übrigens 1925 kennen, 1930 wurde geheiratet. Ein Jahr später erblickte Sohn Hans Hermann das Licht der Welt, der seinen Vater noch heute täglich besucht. Weil es mit einem zweiten Kind nicht so recht klappen wollte, nahmen Liesel und Hermann Heyer 1933 eine kleine Pflegetochter an. »Adoptieren durften wir sie nicht, weil wir ja schon ein Kind hatten«, erinnert sich der 100-Jährige. Überhaupt sei es damals verpönt gewesen, ein fremdes Kind anzunehmen. »Die Nachbarn haben uns oft schräg angeguckt.«
Bis vor zwei Jahren hatte Hermann Heyer noch eine eigene Wohnung. Seine Frau starb bereits 1976 an einem Hirnschlag, doch die Familie, betont Heyer, sei immer für ihn da gewesen. Nach einem Unfall vor zwei Jahren - Hermann Heyer hatte sich den Fuß gebrochen - bezog er ein Zimmer im Matthias-Claudius-Haus und fühlt sich dort sehr wohl. »Ich habe alles, was ich brauche. Und das Essen schmeckt mir auch gut.«
Zu seinem Ehrentag erwartet der 100-Jährige nicht nur die ganze Familie, inklusive aller Enkel und Urenkel, sondern auch den Bürgermeister. Viele Wünsche hat er nicht. »Aber eine Bratwurst wäre toll«, lacht Hermann Heyer.

Artikel vom 14.01.2006