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»WM-Stadien nicht sicher«

Warentest-Studie sorgt für Aufregung - Beckenbauer: »Nörgelei«

Berlin/Frankfurt/Main (dpa). Fehlende Fluchttore, zu kurze und zu steile Treppen sowie massive Bedenken beim Brandschutz: Fünf Monate vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft hat eine Untersuchung der zwölf WM-Stadien durch die Stiftung Warentest für große Aufregung gesorgt.Noch 149 Tage bis zum Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft
Während die Studie Gefahrenpotenzial in allen Arenen anprangert und den vier Stadien in Berlin, Leipzig, Gelsenkirchen und Kaiserslautern sogar »erhebliche Sicherheitsmängel« attestiert, erklärte das Organisationskomitee (OK) seine Spielstätten für absolut WM-tauglich. »Wir bleiben dabei: Unsere Stadien sind sicher«, sagte OK-Vizepräsident Horst R. Schmidt.
Nur wenige Stunden zuvor hatte die Stiftung Warentest in Berlin ihre Studie mit teilweise alarmierenden Ergebnissen präsentiert. Einige Stadien könnten im Fall einer Massenpanik zur tödlichen Falle für die Zuschauer werden, hieß es. »Ich denke, die WM kann stattfinden. Aber es muss noch einiges passieren, damit wir ein guter Gastgeber sind«, sagte Hubertus Primus, Chefredakteur der Zeitschrift »Test«.
Besonders im Fokus stehen vier Arenen: Das Olympiastadion in Berlin, in dem am 9. Juli das Finale stattfindet, die Veltins-Arena in Gelsenkirchen und das Zentralstadion in Leipzig haben laut Studie »erhebliche« Bau-Mängel, weil die Zuschauer wegen fehlender Fluchttore im Notfall nicht auf das Spielfeld laufen können. Durch drängende Menschen könne »innerhalb kürzester Zeit ein so hoher Staudruck entstehen, dass sogar eisenarmierte Betonmauern nachgeben«, hieß es. Das Fritz-Walter Stadion in Kaiserslautern habe »erhebliche Mängel« beim Brandschutz.
Acht Arenen haben laut der Studie »erhebliche« oder »deutliche« Sicherheitsmängel. Damit entsprechen zwei Drittel der WM-Stadien aus Sicht der Stiftung nicht den Sicherheits-Richtlinien des Fußball-Weltverbandes FIFA - obwohl die Spielstätten für 1,4 Milliarden Euro neu- oder umgebaut wurden. »Wir haben uns schon gefragt, warum so eine technische Realisierung von baulicher Seite abgenommen worden ist«, sagte Holger Brackemann von der Abteilung Produkttests.
WM-OK-Chef Franz Beckenbauer hatte schon vor der Veröffentlichung heftigste Kritik an der Studie geäußert. »Also ganz ehrlich, mir reicht's jetzt mit diesem Heer der Besserwisser und Wichtigtuer, die sich über die WM profilieren wollen«, sagte der OK-Präsident. Mit »solchen Nörgeleien« hätte Deutschland vor sechs Jahren die WM nie bekommen.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble warnte vor Hysterie. Er bot an, in Kooperation mit dem OK, Bauministerium und den lokalen Behörden die Ergebnisse zu überprüfen. Der Sportausschuss des Bundestages will sich nächste Woche mit der Warentest-Studie beschäftigen. Sport-Sonderseiten

Artikel vom 11.01.2006