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Arroganz, nein Danke
Hart
am
Ball

Von Oliver Kreth

»Die Stiftung Warentest kennt sich vielleicht mit Gesichtscreme, Staubsaugern und Olivenöl aus. Dabei sollen sie bleiben.« Franz Beckenbauer

Der Präsident des WM-OKs hat schon mehrfach bewiesen: Seine Stärken liegen auf dem Platz. Das kaiserliche Dummgewetter, das über die Stiftung Warentest hereingebrochen ist, ist unangemessen. Die Berliner Institution genießt mit 96 Prozent einen fast genauso großen Bekanntheitsgrad in Deutschland wie der weltmeisterliche Spieler, Trainer und Organisator.
Was ist eigentlich passiert? Die unabhängigen Verbraucher-Informanten hatten sich in ihrer Sicherheitsstudie der zwölf WM-Stadien hauptsächlich auf Paniksituationen, den damit verbundenen Staudruck, die so genannte Entfluchtung bzw. Evakuierung und den Brandschutz konzentriert. Sie bediente sich dabei unabhängiger wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Zum Problem wurden die Resultate zum einen, weil in einer Ankündigung am vergangenen Freitag von möglichen »verheerenden Folgen« die Rede war. Die große Konfusion entstand aber durch die Herangehensweise der Prüfer: Die nahmen nämlich nicht bestehende Verordnungen als Maßstab für ihre Stadion-Einschätzungen, sondern neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, die offensichtlich im Baurecht noch nicht berücksichtigt sind.
Zu hysterischen Reaktionen besteht aber jetzt wahrlich kein Anlass. Stadien waren noch nie Todesfallen. Weltweit kam es dort seit dem Zweiten Weltkrieg »nur« zu mehr als 60 schweren Unfällen mit 1500 Toten. Dass es bei dieser geringen Zahl bleibt, muss dennoch wohl im Interesse aller sein.
Deshalb sollten die Fußball-Verantwortlichen die in der Warentest-Studie gemachten Erkenntnisse nicht arrogant abtun, sondern sie zum Schutz ihrer Kunden, der Stadionbesucher, nutzen. Denn die mästen über Gebühr, im Fall der WM-Karten von einem Amtsgericht attestiert, mit ihrem Geld das Geschäft Fußball.
Dass die Fußball-Fans dabei wenigstens das Gefühl der Sicherheit haben wollen, sollte selbst ein Franz Beckenbauer einsehen. Dass ihn daran jetzt die Stiftung Warentest hat erinnern muss, ist nicht deren Schuld. Sondern die des deutschen Fußball-Kaisers.

Artikel vom 11.01.2006