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Die Sprache der
Eltern erlernen

2500 Ausländerkinder nutzen Angebot

Bielefeld (MiS). 2500 Schulkinder aus Bielefelder Ausländerfamilien erhalten muttersprachlichen Unterricht. 80 Prozent kommen aus türkischen Familien. Das Angebot ist freiwillig - und nicht unproblematisch, wie Schulrat Harald Drescher erläutert.

Mit 2079 Kindern stellen die Türken die bei weitem größte Gruppe, gefolgt von den Griechen (150) und den Arabisch sprechenden Kindern (101). Mit je 29 Kindern bilden Spanier und Albaner die kleinsten Gruppen. Ursprünglich war der Unterricht eingeführt worden, um Kindern von zeitweise in Deutschland lebenden Gastarbeiterfamilien die Möglichkeit zu bieten, die Sprache des Heimatlandes zu lernen, um nach der Rückkehr nicht »sprachlos« zu sein. Doch längst leben die Kinder von Türken, Griechen und Italienern dauerhaft in Deutschland. Für sie soll der MSU, so die amtliche Abkürzung für den muttersprachlichen Unterricht, ein Stück kultureller Heimat sein.
Grundsätzlich ist der muttersprachliche Unterricht freiwillig. Drescher in einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage im Schulausschuss des Rates: »Die Eltern können ihre Kinder anmelden, die dann allerdings zu regelmäßiger Teilnahme verpflichtet sind.« Doch da fangen die Probleme schon an. Diese Verpflichtung wird in machen Elternhäusern als nicht unbedingt bindend angesehen.
Weil der Sprachunterricht den normalen Stundenplan nicht beeinflussen darf, findet er häufig nachmittags und dreistündig als Block statt. Seit 2004 ist in Klasse 10 eine Sprachprüfung im muttersprachlichen Unterricht verpflichtend. Dies führt zu einer Vielzahl von Abmeldungen im letzten Jahr.
Mittlerweile trifft der MSU auch auf die Konkurrenz zahlreicher Betreuungsangebote wie die Offene Ganztagsgrundschule und Ganztagsunterricht in weiterführenden Schulen. Vor allem die Eltern von Ausländerkindern im Grundschulalter scheuen die oft weiten Anfahrtswege für ihren Nachwuchs. Denn der Unterricht kann meist nicht flächendeckend, sondern nur an einzelnen Standorten angeboten werden.
Die 2500 Schülerinnen und Schüler werden in 139 Lerngruppen unterrichtet. 19 Lehrkräfte stehen zur Verfügung, zwölf allein für die türkische Sprache. Aus Dreschers Sicht ist der muttersprachliche Unterricht ein wichtiger Beitrag zur familiensprachlichen Identität. Doch er verweist auch auf die ganz unterschiedliche Ausgangslage bei den Jugendlichen: Manche kommen fast ohne Kenntnisse ihrer Muttersprache in den Unterricht, andere sprechen sie bereits fast fließend.

Artikel vom 11.01.2006