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Vogelgrippe im Urlaubsort

Robert-Koch-Institut kritisiert türkische Behörden

Istanbul/Berlin (dpa). Die Vogelgrippe ist in der Türkei erstmals auch in einem Urlaubsort an der ägäischen Küste aufgetaucht.

Das Virus sei bei Vögeln in der Stadt Kusadasi festgestellt worden, nachdem dort Tauben, Amseln und Ringeltauben verendet seien, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Vier Menschen wurden hier mit Verdacht auf eine Infektion ins Krankenhaus gebracht. In der osttürkischen Provinz Sivas steckte sich ein weiterer Mensch mit der Vogelgrippe an: Laut Medienberichten handelt es sich um eine 37-jährige Frau aus einem Dorf nahe der Stadt Kangal. Die 37-jährige Frau habe verendete Hühner mit bloßen Händen in den Abfall geworden.
Unterdessen räumte China den achten Vogelgrippefall bei Menschen ein. Der Zustand des sechsjährigen Jungen aus der chinesischen Provinz Hunan sei stabil, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Peking. Die Zahl der Erkrankungen in China werde vermutlich noch steigen.
Das Robert Koch-Institut (RKI) kritisierte derweil die türkische Informationspolitik. Die Vogelgrippeausbrüche seien in der Türkei »so massiv und so weit verbreitet, dass das Virus schon lange im Land sein muss, nämlich wahrscheinlich Wochen bis Monate«, sagte RKI-Präsident Reinhard Kurth. Die Vogelgrippe ist in der Türkei mittlerweile in 22 Provinzen aufgetreten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, es müsse alles getan werden, um illegale Importe von Geflügel und Geflügelprodukten zu unterbinden. Das akute Vogelgrippe-Risiko für Deutschland ist aus Sicht von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) trotz der Ausbreitung in der Türkei nicht gestiegen. Er will heute mit seinen Länderkollegen über Abwehrmaßnahmen beraten. Wie gestern bekannt wurde, plant die Regierung eine Deklarationspflicht. Bei dieser müssen Reisende schriftlich erklären, dass sie keine verbotenen Tierprodukte einführen. Als wahrscheinlich gilt zudem, dass mit dem Einsetzen des Vogelflugs in den nächsten Wochen erneut Stallpflicht für heimisches Geflügel verhängt wird.
Die Vorsitzende des Bundestags-Agrarausschusses, Bärbel Höhn (Grüne), erklärte: »Die Gefahr, dass wir in diesem oder im nächsten Jahr die Vogelgrippe auch bei uns haben werden, ist massiv gestiegen«, sagte Höhn.
Große deutsche Reiseveranstalter spüren bislang keine eindeutigen Auswirkungen der Vogelgrippe auf ihr Türkei-Geschäft. Sprecher von TUI in Hannover, Öger Tours und Alltours erklärten, die Zahl der Anfragen besorgter Urlauber halte sich in Grenzen.

Artikel vom 11.01.2006