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Ehemann stirbt,
Witwe ahnt nichts

Frau im Streit mit Berufsbetreuer

Von Christian Althoff
Büren (WB). Der Ehemann stirbt, und seine Frau wird nicht benachrichtigt - Lilit S. (30) aus Büren im Kreis Paderborn ist genau das passiert.
Vor elf Jahren hatte Johannes S. seine bedeutend jüngere Verlobte geheiratet..
Seit einem schweren Schlaganfall im Jahr 1996 hatte Landwirt Johannes S. unter gerichtlich angeordneter Betreuung gestanden. Zwischen der Ehefrau und dem Berufsbetreuer war es schon nach kurzer Zeit zu einem Zerwürfnis gekommen. Angeblich wurde der Frau nicht zugetraut, ihren Mann zu Hause zu pflegen: »Und das, obwohl Johannes nur jemanden brauchte, der ihm regelmäßig seine Tabletten gab!«, sagt die Frau, die eigens ein zweimonatiges Pflegepraktikum absolviert hatte.
Der Berufsbetreuer brachte den Landwirt in einem Pflegeheim unter und schottete ihn von seinen Verwandten ab. »Je mehr ich mich um meinen Mann kümmern wollte, um so mehr Steine wurde mir in den Weg gelegt«, erzählt Lilit S. Zuletzt brachte der Betreuer den alten Mann in ein Heim, dessen Anschrift er vor den Verwandten geheim hielt. »Ich durfte Johannes zuletzt vor einem halben Jahr sehen und weiß nicht, wo er danach gelebt hat. Nicht einmal seine Weihnachtsgeschenke konnte ich ihm bringen«, sagt die Witwe.
Am Samstag starb Johannes S. (67) im Kreisklinikum Herford - angeblich an einem Herzleiden. »Doch der Betreuer hat es nicht für nötig gehalten, mich als Ehefrau anzurufen«, sagt die Witwe. Sie erfuhr die Todesnachricht erst gestern von einem Halbbruder des Verstorbenen.
Die Witwe will jetzt überprüfen lassen, was seit 1996 mit dem Vermögen ihres einst wohlhabenden Mannes geschehen ist. »Der Betreuer hatte der Ehefrau nämlich nur 500 Euro pro Monat sowie mietfreies Wohnen zugestanden«, sagt Rechtsanwalt Michael Tröster aus Detmold, der die Witwe vertritt. Die Frau habe sogar halbtags in einer Fabrik arbeiten müssen, um das Wohnhaus unterhalten zu können, erklärte der Anwalt.

Artikel vom 10.01.2006