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Hollywood verfilmt 11. September

Vor dem fünften Jahrestag brechen Oliver Stone und Paul Greengrass ein Tabu

Von Christoph Driessen
New York (dpa). Die Trümmer des World Trade Center ragen wieder qualmend in den Himmel - nur diesmal nicht an der Südspitze Manhattans, sondern in der Nähe des Flughafens von Los Angeles. Vier Jahre hat sich Hollywood nicht an das Thema Terroranschläge herangewagt, doch jetzt ist der Bann gebrochen.
Der dreifache Oscar-Gewinner Oliver Stone. Foto: dpa

In diesem Jahr werden gleich zwei Filme dazu ins Kino kommen, beide noch vor dem fünften Jahrestag am 11. September. Oliver Stone (59), der zuletzt mit dem Historienschinken »Alexander« Kritiker und Publikum verschreckte, hat sich als erster des brisanten Stoffs angenommen. Sein Film mit dem Arbeitstitel »World Trade Center« (US-Start 11. August) erzählt die wahre Geschichte zweier Polizisten, die als letzte lebend aus den Trümmern des World Trade Center geborgen wurden. Der Brite Paul Greengrass (50) verfilmt unterdessen für das Hollywoodstudio Universal das Drama der vierten entführten Maschine, die vermutlich das Weiße Haus oder das Kapitol treffen sollte, aber wegen eines Aufstands der Passagiere vorher in Pennsylvania abstürzte. Nach der Flugnummer heißt der Film »Flight 93« (US-Start 28. April).
Lange hat Hollywood jeden Bezug auf »9/11« vermieden. Der noch vor den Anschlägen produzierte Actionstreifen »Collateral Damage« mit Arnold Schwarzenegger wurde statt wie geplant Ende 2001 erst im Jahr darauf in die Kinos gebracht, weil es darin um einen Terroranschlag und einen Feuerwehrmann ging. Aus »Spiderman« wurde eine Szene, in der der Superheld sein Netz zwischen den Türmen des World Trade Center aufspannt, herausgeschnitten. Jack Nicholson gab damals die allgemeine Stimmung in Hollywood wieder: »Meine Reaktion auf den 11. September war, keine Filme zu machen, die traurig oder kritisch sind. Ich habe beschlossen, kein Geld damit zu verdienen, Leute zu deprimieren.«
Oliver Stone sieht das inzwischen ganz anders: »Der 11. September war das wichtigste Ereignis unseres Lebens. Er überschattet die Zukunft von uns allen. Für das Kino ist es essenziell, zu ergründen, was das bedeutet.«

Artikel vom 10.01.2006