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Konjunktur kommt in Fahrt

Braun: zwei Prozent Wachstum - Kritik am Investitionspaket

Berlin (Reuters/dpa). Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft rechnen mit einem stärkeren Anziehen der deutschen Konjunktur in diesem Jahr als bisher angenommen.

BDI-Präsident Jürgen Thumann schraubte die Wachstumsprognose des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) nach oben: »Meine Prognose ist, dass wir 1,5 Prozent Wachstum übertreffen und mit ein wenig Glück auf 1,7 bis 1,8 Prozent kommen«. Das am Montag beschlossene 25-Milliarden-Investitionsprogramm der Bundesregierung und die verbesserten Abschreibungsregeln für Unternehmen seien kleine Schritte in Richtung Wachstum.
Noch zuversichtlicher zeigte sich DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun: »Ich gehe davon aus, dass wir (2006) sicherlich um 1,8 Prozent wachsen können, es können sicherlich auch zwei Prozent sein.« Es gebe Anzeichen dafür, dass die deutsche Wirtschaft bedeutend an der internationalen Konjunktur teilnehme.
Auch die Anzahl der Firmenpleiten ebbt ab. 2005 werde die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nach bisher vorliegenden Daten um etwa fünf Prozent unter dem Vorjahreswert liegen, teilte das Statistische Bundesamt mit.
Dagegen hat das Wachstums- und Beschäftigungs-Paket der schwarz-roten Bundesregierung bei Ökonomen Skepsis hervorgerufen. Sie bezweifeln, dass das 25 Milliarden Euro schwere Programm die gewünschte unterstützende Wirkung auf die ohnehin anspringende Konjunktur hat.
Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs, erklärte: »Angesichts der ohnehin guten Lage ist gerade in diesem Jahr kein Konjunkturprogramm nötig.« Mit den Mitteln, die der Staat in den nächsten vier Jahren für die Förderung von Handwerk, Investitionen, Gebäudesanierung und Familien ausgeben wolle, werde es keine zusätzliche Dynamik geben.
Gebhard Flaig, Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, sagte, es sei ein »schlechtes Signal für die Gesamtwirtschaft«, dass nun die Staatsausgaben erhöht würden und 2007 die Mehrwertsteuer steige. Auch nach Berechnungen des Leipziger Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung (IEW) wird das Wachstumsprogramm kaum Auswirkungen auf die Konjunktur haben. Der Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft, Mario Ohoven, betonte, Konjunkturprogramme lösten in der Regel nur Strohfeuer aus.
Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sowie Finanzminister Peer Steinbrück wiesen die Kritik zurück. Müntefering erklärte, die Konjunktur insgesamt laufe bereits gut. »Wir wollen das mit unserem Impuls noch einmal beschleunigen.«
Auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer wies die Kritik zurück: »Der Vorwurf einiger Forschungsinstitute, die von der großen Koalition beschlossenen Maßnahmen würden verpuffen oder allenfalls ein kurzfristiges Strohfeuer auslösen, sind unbegründet und gehen an der Realität vorbei.« Vielmehr habe die Bildung einer unionsgeführten Bundesregierung den Boden für eine psychologische Wende in der Wirtschaft bereitet. »Die Investitionsbereitschaft hat sich erkennbar verbessert. Über kurz oder lang wird dies auch auf das Verbrauchervertrauen durchschlagen«, sagte Ramsauer. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 12.01.2006