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»Man hat uns behandelt
wie Schwerverbrecher«

Landgerichts-Fensterstreit: Staatssekretär eingeschaltet

Von Gerhard Hülsegge
Bielefeld (WB). Der Fenster-Streit um das verhüllte Bielefelder Landgericht geht weiter. Jetzt soll Günter Kozlowski, ehemals Gütersloher Landrat, Rechtsanwalt und heute Parlamentarischer Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Bauministerium, vermitteln.

Wie berichtet, hatte der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW dem bauausführenden Unternehmen aus Horneburg (Schleswig-Holstein) kurz vor Beendigung der Arbeiten den Auftrag (Volumen: fast 500000 Euro) zur Fenstererneuerung entzogen. Grund: die angebliche Nichteinhaltung der Sicherheitsbestimmungen unter anderem beim Aufbau des Gerüsts.
»Diese Version ist durch einen Gutachter längst widerlegt«, erklärte dazu jetzt Klaus Rotthäuser (59), Geschäftsführer der PFM GmbH - Rotthäuser Metallbau - gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Alle Unfallverhütungsvorschriften seien eingehalten worden, auch wenn der BLB-Bauleiter anderer Meinung sei. Der habe der preisgünstigsten Firma nach der Ausschreibung von Anfang an Steine in den Weg gelegt, den Fachbetrieb zwingen wollen, ein Gerüst aufzustellen, das technisch nicht verwendbar sei, um die alten Scheiben zu demontieren, ihn hinsichtlich des Krans in Verzug gesetzt, obwohl der erst später habe eingesetzt werden können und vom ersten Tag an mit Einschreiben traktiert. Warum, kann Rotthäuser nur vermuten: »Wir fühlen uns als Bauernopfer. Da muss noch etwas anderes vorliegen.« Vielleicht wolle sich der Bauleiter G. gegenüber seinem Arbeitgeber profilieren, weil lediglich mit einem befristeten Arbeitsvertrag ausgestattet.
Höhepunkt der Auseinandersetzung jedenfalls war schließlich das »Hausverbot« für die Handwerker Anfang November. Drei Mitarbeiter des BLB erschienen auf der Baustelle und forderten die Monteure auf, auf der Stelle zu gehen. »Man hat uns behandelt, als wären wir Schwerverbrecher«, so Klaus Rotthäuser. »Dabei hätten wir nur noch einen Tag gebraucht, dann wäre auch das letzte Fenster wieder geschlossen gewesen.«
Insgesamt hätte das Planungsbüro für Fassaden- und Montagetechnik laut Rotthäuser noch 14 Tage zu tun gehabt und den Fertigstellungstermin (15. November 2005) problemlos einhalten können. Aufgrund der Differenzen wurde der Schwurgerichtssaal 1 erst einmal notdürftig verhüllt. Für die unstrittig zu 80 Prozent erbrachten Leistungen hat die Rotthäuser GmbH bislang nur eine Abschlagszahlung in Höhe von 40000 Euro erhalten. 320000 stehen noch aus. Die Rechnung kam vom BLB mit dem Vermerk »nicht prüfbar« zurück. Der Landesbetrieb will ein anderes Unternehmen mit der Erledigung der Restarbeiten (40 Meter Oberlicht, zehn Meter Verglasung und Erneuerung der Blechfassade) beauftragen.
Vorab ist jedoch ein Gespräch in der BLB-Zentrale in Düsseldorf geplant. CDU-Politiker Günter Kozlowski, selbst aus Bielefeld stammend und von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nach gewonnener Landtagswahl zum Staatssekretär berufen, hat bereits zugesagt, sich darum zu kümmern. Scheitert der Vermittlungsversuch, könnte sich der Bund der Steuerzahler auf den Plan gerufen fühlen. Denn, so Rotthäuser: »Der Bürger muss alles bezahlen.«

Artikel vom 07.01.2006