07.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Idole der Popkultur in Holz verewigt

Bildhauer Siegfried Rempel pflegt und beherrscht ein Jahrhunderte altes Handwerk

Von Uta Jostwerner
und Carsten Borgmeier (Foto)
Brake (WB). Siegfried Rempel hat eine Passion: er schnitzt. »Ich kann nicht anderes«, sagt der 46-Jährige, der das jahrhundertealte Handwerk in seiner russischen Heimat von der Pike auf erlernte und einst kunstvoll geschnitzte Zierleisten für Möbel herstellte.

Indes, die zunehmende industrielle und maschinelle Fertigung einschlägiger Produkte fordert ihren Tribut: Auch Siegfried Rempel übt seinen Beruf nur mehr freiberuflich aus. Die Agentur für Arbeit hat dem Hartz-IV-Empfänger einen Ein-Euro-Job an der Grundschule Brake zugewiesen. »Ich mache dort alles, was an Arbeiten so anfällt«, erzählt Rempel.
Und ein bisschen mehr, denn Schulhof und Spielgeräte tragen bereits die typische Handschrift des Holzschnitzers und -bildhauers. Die Schaukel mit Krokodilkopf, das Türschild mit handgeschnitzter Aufschrift und schmucken Spielszenen -ÊRempel zeigt neben handwerklichem Können ein sicheres Formgefühl.
»Ich mache, was mir gefällt«, sagt der Holzbildhauer, der zu Hause in einem kleinen Kellerraum eine winzige Werkstatt eingerichtet hat und jede freie Minute dort verbringt.
Öffnet Rempel die Tür, tritt dem Besucher ein sonderbares Kabinett aus Mensch-, Tier- und Fabeldarstellungen entgegen: Drachen, Eulen, Vögel und Fantasiewesen hat der freischaffende Kunsthandwerker in Holz gehauen, ebenso aber seine menschlichen Idole. So blicken die No Angels aus lebendigen Augen dem bass erstaunten Besucher entgegen.
Ebenso Sarah Connor und weitere Stars und Sternchen der Popkultur.
Mit Knüppel und Schnitzeisen arbeitet Siegfried Rempel seine Figuren aus. Größte Sorgfalt lässt Rempel bei den Gesichtern walten, die dem Original verblüffend nahe kommen. »Das Gesicht nimmt immer die meiste Zeit in Anspruch«, sagt Rempel, der geduldig Stunde und Stunde am Ausdruck feilt.
Ob Plastik, Objekt oder Relief, ob Profanes wie ein Indianerkopf oder Sakrales wie ein Mönch: Rempel führt sein Werkzeug mit sicherem Vorstellungsvermögen und Gespür für die richtige Form.
Bei der Wahl der Hölzer legt sich der Vater eines elfjährigen Sohnes nicht fest. »Da nehme ich, was mir gerade in die Hände fällt«, erzählt er. Eine knorrige Kirschbaum-Wurzel liefert ihm die passende Vorlage für ein filigranes Fantasiewesen.
Manchmal wird er auch beim Durchstöbern von Sperrmüll fündig: Aus alten Brettern lassen sich fantastisch Wappen schnitzen oder Zierleisten, die einem alten Bilderrahmen neuen Pfiff geben.
Bei Stadtteilfesten und Bauernmärkten bestückt der Holzbildhauer einen Stand mit seinen Werken. Doch die Geschäfte laufen schlecht, bekennt er. Das Geld sitzt nicht mehr so locker wie früher.

Artikel vom 07.01.2006