07.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zelt in Grünanlage ist
kein Kündigungsgrund

Amtsrichter rüffelt Wohnungsbaugesellschaft

Bielefeld (uko). Ein unerlaubt auf der Grünfläche eines Mietshauses aufgestelltes Zelt rechtfertigt noch keine fristlose Kündigung des Mietverhältnis. Mit diesem Hinweis hat das Amtsgericht Bielefeld die Klage einer Wohnungsbaugesellschaft abgewiesen und ausländerfeindliche Bemerkungen kritisiert.

Mieter Ali B. hatte auf der Gemeinschaftswiese des Mehrfamilienhauses am Butterkamp in Sieker für seine kleine Tochter ein Zelt aufgestellt. Ali B. bewohnt in dem Haus mit seiner Familie eine 74 Quadratmeter große drei-Zimmer-Wohnung. Am 2. August 2005 baute Hausmeister Xaver W. (alle Namen geändert) das Kinderzelt ab und konfiszierte das Corpus delicti.
Als der Hausmeister vom Vater des Kindes zur Rede gestellt wurde, kam es zu einer folgenschweren Auseinandersetzung. Angeblich soll der Hausmeister den Mieter zunächst geduzt und ihm gesagt haben, man sei »nicht in der Türkei, sondern in Deutschland«. Der Mieter soll seinerseits gedroht haben, den Hausmeister »kaputtzumachen«. Der wiederum konterte, Kurden und Türken könnten »ihre Sachen packen und dahin gehen, wo sie hingehören«.
Die in Hannover ansässige Reichsbund Wohnungsbau GmbH als Vermieterin reagierte unvermittelt auf den Vorfall und kündigte das Mietverhältnis mit Ali B. drei Tage später fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30. November 2005.
Amtsrichter Ralph Pohlmann wies die Klage auf Kündigung jetzt indes ab, da »keine nachhaltige Störung des Hausfriedens durch die Beklagten verursacht« worden sei. Den Grund für den Streit dagegen habe der Hausmeister gelegt als er das Zelt abgebaut habe. Vor dem Abbauen des Zeltes hätte der Mann, so der Amtsrichter »eine gewisse Nachforschungspflicht« gehabt. Ralph Pohlmann sah zudem »ausländerfeindliche Tendenzen, die aus Sicht des Gerichts nicht hinnehmbar« seien.
Schließlich sei angesichts des Anlasses der Auseinandersetzung eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses »ohne vorherige Abmahnung nicht rechtmäßig«. Finaler Rat des Richters an die Reichsbund Wohnungsbau GmbH: »Die Klägerin sollte sich ihrer sozialen Verantwortung bewußt werden.«Az. 42 C 857/05

Artikel vom 07.01.2006