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Kostelic besiegt Schmerz

Deutsche Slalomläuferinnen enttäuschen erneut

Zagreb (dpa). Als Janica Kostelic sich als kroatische Nationalheldin unsterblich gemacht hatte, brach sie im Ziel von Schmerzen gepeinigt weinend zusammen.

»Es hat so wehgetan, dass ich die ganze Fahrt geschrien habe. Nach einer Weile musste ich den Ellbogen zum Wegboxen der Stangen benutzen, weil ich meine Hand nicht mehr spürte«, sagte die dreimalige Olympiasiegerin. Mit nur einem Stock und ohne Handschuh fuhr sie beim Weltcup-Slalom in ihrer Geburtsstadt Zagreb noch von Rang sieben auf Platz drei vor. An ihrem 24. Geburtstag versetzte sie ihre 25 000 Landsleute am Hausberg Sljeme in einen Freudentaumel.
In 1:55,08 Minuten lag Janica Kostelic 1,45 Sekunden hinter der Siegerin Marlies Schild. Die 24-jährige Österreicherin setzte sich bei ihrem zweiten Slalomsieg hintereinander in 1:53,63 Minuten vor ihrer Teamkollegin Kathrin Zettel (1:54,07) durch. Aus deutscher Sicht sorgte Anja Blieninger (Altenau) für das Ausrufezeichen. Die 24-Jährige schaffte als überraschende 14. nicht nur ihre beste Weltcup-Platzierung, sondern die halbe Qualifikation für die Olympischen Winterspiele. »An Turin denke ich gar nicht«, sagte Blieninger, die trotz zwei schwerer Fehler selbst Cheftrainer Wolfgang Maier (»Coole Leistung«) verblüffte. »Momentan mache ich zu viele Fehler. Deswegen muss ich volles Risiko fahren, um die Böcke zu kompensieren«, meinte Blieninger, die noch einmal unter die Top 15 fahren muss, um sich das Olympia-Ticket zu sichern.
Annemarie Gerg (Lenggries) war als Elfte nicht zufrieden: »Da war mehr drin.« Die stabilste deutsche Slalomläuferin konnte mit ihrem Trümmerbruch im Daumen nachempfinden, welche Leistung Janica Kostelic vollbracht hatte. »Das sind so brutale Schmerzen, aber sie hat eben diesen unglaublichen Willen«, sagte sie. Martina Ertl-Renz blieb als 19. unter ihren Möglichkeiten.
Mit dick geschwollener Hand musste Janica Kostelic den Wissensdurst ihrer Landsleute befriedigen, die alles über den wohl schmerzvollsten Geburtstag ihres Lebens wissen wollten. »Ich habe während des Laufs gedacht, wenn ich jetzt aufgebe, bringen mich die Leute um. Ich war den Zuschauern und den vielen Helfern etwas schuldig und wollte ihnen etwas zurückgeben«, sagte Kostelic, die wegen ihrer kaputten Kniee seit Jahren unter Schmerzen fährt.

Artikel vom 07.01.2006