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Kripo stellt Unterlagen sicher

Eishallen-Tragödie: 15 Menschen sterben in den Trümmern

Bad Reichenhall (dpa). Die traurige Vermutung wird immer mehr zur Gewissheit: Beim Unglück von Bad Reichenhall sind wahrscheinlich 15 Menschen zu Tode gekommen.
Ein Spezialbagger entfert die schweren Bauteile, um die Einsturzgefahr der Dachteile zu bannen.

Bisher wurden 14 Tote geborgen. Gestern bargen die Rettungskräfte zwei Jungen und ein Mädchen im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren aus den Trümmern. Vermisst wird noch eine Frau. Die Helfer haben kaum Hoffnung, sie lebend zu finden. Immer wieder schneite es, während die Einsatzkräfte mit Baggern, aber auch mit Schaufeln und Schubkarren den Schutt beiseite räumten.
Bei den meisten bisher geborgenen Toten handelt es sich um Kinder und Jugendliche, die am Montag die Schulferien für einen Nachmittag auf dem Eis nutzen wollten. Unter den Opfern sind ferner zwei Frauen. 34 Menschen wurden verletzt.
Die Städte und Gemeinden halten trotz des schweren Unglücks verstärkte Kontrollen bundesweit derzeit nicht für sinnvoll. »Es gibt bereits eine Vielzahl an Bauvorschriften«, sagte das geschäftsführende Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. »Wir sollten erst die Ursache abwarten.« Auch das bayerische Innenministerium sieht derzeit keine Notwendigkeit für einen verbindlichen »Gebäude-TÜV«. Zuerst müsse die Ursache des Unglücks geklärt werden, dann erst könne man über Konsequenzen reden, sagte der für Bauwerkssicherheit zuständige Bauingenieur Wolfgang Schubert.
Die Kriminalpolizei stellte unterdessen Unterlagen sowie einzelne Bauteile aus dem zusammengestürzten Gebäude sicher. »Teile werden gesichert und nummeriert, um den Gutachtern die Ursachenforschung zu ermöglichen, erläuterte Polizeisprecher Hubertus Andrä. Spekuliert wird, dass die Halle Baumängel oder andere Schäden hatte.
Bis gestern Abend hatten die Helfer den größten Teil der Eisfläche abgesucht. Es fehle nur noch ein Bereich von 20 bis 30 Quadratmetern sagte Andrä. Am Vortag waren die Arbeiten zeitweise wegen Einsturzgefahr eingestellt worden. Im grellen Licht der Scheinwerfer hatten die Helfer die ganze Nacht über Trümmer beseitigt. Mit drei Spezialbaggern entfernten sie schwere Bauteile der Halle, um die Einsturzgefahr zu bannen. Die Suche nach den Verschütteten bringe auch die Rettungshunde an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit, sagte Andrä. Ein Hund könne maximal 20 Minuten suchen, dann benötige er eine Pause. Mindestens einmal soll die Eisfläche noch abgesucht werden. »Wir müssen sichergehen, das nicht noch eine Person da liegt, die nicht auf unserer Vermisstenliste steht.«
Vor dem Unglück war ungewöhnlich nasser und schwerer Schnee gefallen. Zwar wurde die Belastung des Daches kurz vor dem Einsturz überprüft, dennoch gibt es Spekulationen über Versäumnisse der Behörden am Unglückstag. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen fahrlässiger Tötung.
Stadtratsfraktionen von CSU, SPD und Freier Wählergemeinschaft wiesen Vorwürfe über bauliche Mängel der Halle zurück. »Sicherheitsrelevante Mängel waren im Stadtrat nicht bekannt«, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Fraktionen. Bei der Diskussion um die Sanierung der Eislauf- und Schwimmhalle sei es einzig und alleine um die Schwimmbad- und Kältetechnik gegangen. »Hätte der Stadtrat auch nur ansatzweise Kenntnis von sicherheitsrelevanten Mängeln gehabt, wäre über die sofortige Schließung der Halle befunden worden.«

Artikel vom 05.01.2006