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Bohrende Fragen an den Oberbürgermeister

Schuldzuweisungen richten sich immer stärker gegen den Rathaus-Chef von Bad Reichenhall

Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier.

Bad Reichenhall (dpa). Für Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier sollte 2006 ein Jahr mit viel Harmonie werden: Vom Mozartjahr wollte auch die altehrwürdige Kurstadt profitieren. Das Musikgenie machte einst Station im nahe Salzburg gelegenen Bad Reichenhall. Doch nun ist es im Ort und im gesamten Berchtesgadener Land das Katastrophenjahr.
Reichenhall wird die Schlagzeilen vom verheerenden Einsturz seiner Eissporthalle mit den vielen Toten und von möglicher Schlamperei bei der Sicherheit des Gebäudes so schnell nicht mehr los. Noch sind die Toten nicht begraben, da richten sich die Schuldzuweisungen immer direkter auf das Rathaus und seinen Chef.
Der meist besonnen wirkende Kommunalpolitiker führt das Rathaus ununterbrochen seit 18 Jahren. Heitmeier wurde stets mit satten Mehrheiten wiedergewählt. Zwar muss sich der parteilose OB immer wieder Kritik anhören, zu wenig für die jungen Menschen in der Stadt zu tun. Doch konnten ihm auch seine politischen Gegner bisher wenig vorwerfen. Nach der Katastrophe könnte sich dies ändern.
Der 55-Jährige ist bohrenden Fragen zu einem angeblich von der Stadtrats-SPD 2002 in Auftrag gegebenen Gutachten ausgesetzt. Demnach gingen Experten von einer Baufälligkeit des Flachdaches aus. Doch Heitmeier wiegelt ab. »Das Dach war nicht sanierungsbedürftig.« Bei allen Gutachten sei es um die Hallentechnik, nie aber um die Statik des Gebäudes gegangen.
Doch immer mehr Einheimische geben inzwischen die Zurückhaltung auf, mit der sie noch am ersten Tag nach der Katastrophe auf die Schuldfrage reagierten. »Ich war oft in der Halle. Es hat schon immer von der Decke getropft«, sagt Elfriede Reidel. Überhaupt wird Volkes Stimme immer lauter.
Ein Eishockeyspieler sagt anonym, beim Training seien stets Eimer aufgestellt worden, »weil Wasser von der Decke tropfte«. Schon lange sei schließlich bekannt gewesen, »dass die Halle marode ist«. Die Forderung wird lauter, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Zu den Vorwürfen ständigen Wassereinbruchs erklärt Heitmeier, das Dach der Eissporthalle sei von Anfang an nur als Wind- und Wetterschutz ausgelegt gewesen. »Da ist der eine oder andere Wassertropfen ganz natürlich.«

Artikel vom 05.01.2006