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Gemeinde ist
Gemeinschaft

Von Laura-Lena Förster
Dem Namen nach ist die Studierendengemeinde evangelisch. Dem Inhalt nach ökumenisch. Katholiken, Muslime, Menschen aller Religionen und Konfessionen, die Gemeinschaft suchen, können sie in der Evangelischen Studierenden-gemeinde (ESG) finden - bei Pfarrerin Corinna Hirschberg und ihrem Team.

»Wir sind eine Gemeinde, aber keine im klassischen Sinn«, sagt Corinna Hirschberg. »Wir führen kein Mitgliederverzeichnis und schließen auch niemanden aus religiösen Gründen davon aus, diese und jene Aufgabe ehrenamtlich bei uns zu übernehmen. Unter Gemeinde und Gemeinschaft verstehen wir das gleiche.«
Die Stelle, die sie seit April 2005 in der ESG hat, heißt Funktionsstelle. Solche gibt es in Krankenhäusern, Gefängnissen und eben in der Universität.
Wer dort eine kirchliche Anlaufstelle sucht, kann sich an die ESG oder ihr Pendant wenden: die katholische Hochschulgemeinde (KHG). Wie man auf sie - als die ESG - aufmerksam wird? Über Aushänge am Schwarzen Brett gegenüber der Mensa, über Programmhefte, die zum Semesterbeginn in der Mensa verteilt werden, oder über einen aufmerksamen Gang durch die Uni-Halle. Gegenüber der Cafete bauen Corinna Hirschberg und ihre Mitarbeiter jeden Donnerstag von 11.45 bis 13.30 Uhr einen Stand mit fair gehandelten Produkten auf. Ein weiteres Angebot: offene Ohren für Freud und Leid.
Überhaupt ist die Beratung ein Schwerpunkt der Arbeit. Ausländische Studenten, die Heimweh, Integrationsprobleme oder begrenzte Mittel haben, unterstützt die ESG: mit einmaligen Beihilfen in kurzfristigen finanziellen Engpässen, mehrmonatig in Prüfungsphasen oder bei ihrer Rückkehr in die Heimat. Natürlich können sich auch alle anderen Studenten mit Sorgen und Nöten an Corinna Hirschberg wenden.
Beratung ist die eine, Geselligkeit die andere Seite der ESG. Sie schlägt sich fast ausnahmslos im Wochenprogramm nieder. Donnerstag, 19 Uhr, heißt: Internationaler Treff. Man kocht und isst zusammen, die ausländischen Studenten erzählen von ihrer Heimat.
Der Dienstag ist immer ein spiritueller Tag. Alle zwei Wochen findet eine Andacht statt, alle zwei Wochen ein Bibelkreis. Von Oktober bis Dezember gab es einen Strickkursus, gerade erst in der vergangenen Woche eine Taizé-Andacht.Klein war die Runde, die am Dienstagabend im Andachtsraum, hoch oben unterm Dach des ehemaligen Wohnhauses an der Jakob-Kaiser-Straße, Platz nahm. Auf den ist die ESG besonders stolz. Weil er so gemütlich, so eingerichtet ist, dass man in ihm wunderbar zur Ruhe kommen und Energie tanken kann. Bemaltes Fensterglas grenzt die eine Seite ein, zwei Schrägen bringen jeden dazu, sich irgendwann zu setzen - vorzugsweise auf den Boden.
Nichts anderes taten die neun Frauen und Männer, als sie den besonderen, meditativen Gesang der französischen Pilgerstätte nachempfanden: Sie setzten sich. In den Kreis. Um Teelichter, Kerzen und orange Tücher herum. Sie beteten gemeinsam und in der Stille. Sie sangen eine Strophe in bis zu vierfacher Wiederholung, begleitet von Musik.
Auf die Andacht folgte das Abendessen. In der ESG ist es oft so, dass die Mitglieder nach einer Veranstaltung nicht einfach auseinander gehen, sondern den Abend gemeinsam mit Brot, Käse und Tee, ausklingen lassen.
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Artikel vom 10.01.2006