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Wer gab dem
Kind nur
diesen Namen?
Traditionsmarken: Latein, Zufall und Lautmalerei
Da wurden selbst altsprachlich minderinteressierte Jungs im Lateinunterricht wieder wach: »Volvo«, dozierte der Herr Oberstudienrat, »ich rolle«. Womit erklärt war, warum die schwedischen Autos diesen Namen tragen.
Auch den Ursprung der Automarke Audi konnte er über die Sprache Cäsars und Ciceros herleiten: »Imperativ von hören, also horch!« Der deutsche Automobilpionier August Horch (1868 - 1951) hatte seine späteren Konstruktionen Audi genannt, nachdem er im Unfrieden aus seiner ersten Firma ausgeschieden war und sogar den Streit um das Namensrecht der damaligen »Horch«-Automobile verloren hatte. Übersetzte er also kurzerhand seinen Namen ins Lateinische.
Ganz einfach also - wenn man's weiß. Doch gerade bei den großen Traditionsmarken, die schon seit Adam und Eva zu existieren scheinen, ist die Herkunft des Namens oftmals in Vergessenheit geraten. Um kurz noch bei den Autos zu bleiben: Fiat ist schlichtweg der initiale Kurzschluss von Fabrica Italiana Automobili Torino (also Italienische Autofabrik Turin). Und Daimler-Benz-Autos heißen Mercedes, weil der aus Leipzig stammende Geschäftsmann Emil Jellinek, der um 1900 höchst erfolgreich die Autos mit dem Stern in Südfrankreich verkaufte und somit auch einen gewissen Einfluss auf das Produkt geltend machen konnte, den Namen seiner Tochter dafür durchboxte.
Apropos Ben(t)z - aber eine ganz andere Branche. Der bekannte Kaffeefilter und vieles andere, was später noch aus dem in Minden ansässigen Unternehmen kommen sollte, trägt den Vornamen der Gründerin Melitta Bentz, geborene Liebscher. Die Dresdner Hausfrau war es leid mit dem ewigen Kaffeesatz im ansonsten so schmackhaften Heißgetränk. Mit Löschblättern aus den Schulheften ihrer Kinder und einem durchlöcherten Messingtopf experimentierte sie, ob sich das Kaffeemehl nicht irgendwie schon beim Aufbrühen aus der Kanne heraushalten ließe - und bescherte der Welt damit die allseits bekannte Filtertüte, die sie sich 1908 patentieren ließ.
Wenig später, anno 1911, war ein gewisser Dr. Oskar Troplowitz damit beschäftigt, Wasser und Öle zu einer hautpflegenden Emulsion zu verbinden. Nach ungezählten Versuchen entstand schließlich eine schneeweiße Creme. Der Name für Nivea wurde aus der lateinischen Bezeichnung »nivis« für Schnee abgeleitet - Nivea-Creme ist also sozusagen die Schneeweiße.
Klein hat auch einmal eine der größten deutschen Handelsgruppen angefangen. Gegründet wurde sie 1898 in Berlin als »Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin«, kurz EdK. Wenig später wurden die in der Aussprache verwendeten Vokale ergänzt zu EDEKA.Ê Ähnlich lief es bei Esso: 1870 wurde die Standard Oil of Ohio gegründet. Esso leitet sich von den Klängen der Buchstaben S und O ab.
Selten setzen Traditionsunternehmen auf neue Namen - aber es kommt vor. In Deutschland beispielsweise bringt ja nicht mehr die Post die Pakete, sondern DHL. So steht es auch auf den gelben Paketautos, die einst das Posthorn zierte. Die Post gab es bereits Jahrhunderte, als die Herren Adrian Dalsey, Larry Hillblom und Robert Lynn 1969 ihren Paketdienst DHL, benannt nach ihren Initialen, gründeten.
Mit ihrer Philosophie, den Transport zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu vernetzen, waren die drei Amerikaner aber rund um den Globus sehr schnell erfolgreich und bekannt. Als die Deutsche Post 2002 vom Anteilseigner zum Vollbesitzer von DHL wurde, beschloss man daher der Internationalität wegen, auch in Deutschland den Post-Paketdienst in DHL umzutaufen - um den Preis, dass die meisten deutschen Kunden bis heute nichts mit den drei Buchstaben anfangen können.
Bei Danone wiederum blieb sogar über diverse Besitzerwechsel der Markenname stets erhalten: Als der Spanier Isaac Carasso 1919 mit der Joghurtproduktion begann, nannte er sein Unternehmen Danone, zu Deutsch »kleiner Daniel« - nach seinem Sohn.
Die Kaufleute Max Herz und Carl Tchilling-Hiryan hatten 1949 in Hamburg die geniale Idee, Röstkaffee per Post zu versenden. Tchilling und Bohne gaben dem Kind seinen Namen: Tchibo. Konkurrent Eduard Schopf nannte seinen Kaffee kurzerhand nach sich selbst Eduscho.
Unsterblich wurde Elsa Tesmer, die bis 1908 als Sekretärin bei Beiersdorf arbeitete, mit ihrem Spitznamen: »Tesa«-Film kennt jeder. Der Franzose (auch die Französin) kann bekanntlich kein »H«. Und haben beide ein Hobby, so lautet es, als hätten sie ein Obi. Material dafür holen sie möglicherweise aus dem gleichnamigen Baumarkt.
Natürlich sollten Babys an diesen Dingern nuckeln - aber sie einfach Nuckler zu nennen, war den Zahnmedizinern Prof. Balters und Dr. Müller doch zu simpel. Als die Hanseatische Gummiwarenfabrik Bremen ihre Sauger 1956 auf den Markt brachte, hießen sie NUK - für natürlich und kiefergerecht.
Sind die Kinder etwas größer, müssen dann Bauklötze her: Der Name Lego kombiniert die dänischen Worte »leg godt«, was »spiel gut« bedeutet.
Auch der Unternehmer Hans Riegel, Bonn, macht Kinder froh: Er erfand die beliebten Gummibärchen sowie viele andere Haribo-Leckereien. Und selbst bei den Chio Chips standen die Firmengründer Pate: Carl, Heinz und Irmgard von Opel gaben die ersten Buchstaben ihrer Namen für die krossgerösteten Kartoffelscheiben. Ingo Steinsdörfer

Artikel vom 18.02.2006