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Eine gute Quelle für
die Kultur-Geschichte

Akademie der Künste kauft Heinrich-George-Nachlass

Berlin (dpa). Die Berliner Akademie der Künste hat den Nachlass des Schauspielers Heinrich George (1893-1946) und seiner Frau, der Schauspielerin Berta Drews (1901-1987), erworben.
Der Schauspieler Heinrich George beim Studium der Tagespresse.Foto: dpa

Der Nachlass von George sei ein herausragender Quellenbestand zur Theater-, Film- und Kulturgeschichte der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, teilte ein Akademie-Sprecher gestern mit. Zu der Sammlung gehöre unter anderem Georges Korrespondenz mit Theaterleuten und Persönlichkeiten des kulturellen Lebens der Weimarer Republik und des Dritten Reiches. Die Akademie erwarb den Nachlass zu einer ungenannten Summe von Sohn Jan George, der das Erbe der Eltern auch im Namen seines Bruders Götz vertritt.
Unter anderem gibt es Briefwechsel mit Max Beckmann, Otto Dix, Walter Felsenstein, Gustaf Gründgens, Knut Hamsun, Veit Harlan, Gerhart Hauptmann und Sven Hedin. Auch mit Oskar Kokoschka, Selma Lagerlöf, Zarah Leander und Joachim Ringelnatz schrieb sich George. Bewegende Dokumente sind seine Briefe 1945/1946 aus dem Lager Sachsenhausen an seine Frau Berta.
In dem Lager, in dem er am 25. September 1946 starb, hielt ihn die sowjetische Militärregierung wegen seiner Rolle während der Nazi-Zeit fest. Unter den etwa 60 Filmen, in denen er spielte, waren auch NS-Propagandafilme wie »Jud Süß« und »Kolberg«. Auf der anderen Seite fanden in Georges Haus politisch und nach den Rassegesetzen Gefährdete Unterschlupf. 1998 wurde Heinrich George, Vater des Schauspielers Götz George, von Russland offiziell rehabilitiert.
Zu Georges Nachlass gehören außerdem eine große Anzahl Rollenbücher sowie Dokumente aus seiner Tätigkeit als Intendant des Berliner Schiller-Theaters. Besonders interessant seien die Materialien zu seiner Arbeit für den Film, sagte der Akademie-Sprecher weiter. Darunter sind Schriftwechsel und Verträge, unter anderem auch zu seiner Beteiligung an der Filmgesellschaft Tobis, wo er 1942 eine eigene Herstellungsgruppe übernahm. Erhalten sind zudem Drehbücher zu seinen Filmen wie »Berlin Alexanderplatz« oder seinem wahrscheinlich populärsten Film »Der Postmeister«.
Aus der Erwerbung blieb der umfangreiche Fotobestand zunächst ausgeklammert. Der etwa 18 laufende Regalmeter umfassende Nachlass wird im Laufe dieses Jahres von der Akademie ausgewertet. Der Nachlass von Berta Drews umfasst unter anderem umfangreiche Korrespondenzen mit Theaterleitern, Schauspielern und Regisseuren wie Boleslaw Barlog, Johannes R. Becher, Samuel Beckett, Hildegard Knef und Erwin Piscator. Auch die Unterlagen zur posthumen Rehabilitation Heinrich Georges sind in den Unterlagen zu finden.

Artikel vom 04.01.2006