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Zwei Polizisten
schwer belastet

Ortstermin soll Prügel-Vorwürfe klären

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Die beiden Bielefelder Polizisten, die einen Passanten grundlos verprügelt haben sollen, sind erneut vehement belastet worden. Im Prozess vor dem Amtsgericht Bielefeld ist indes ein Ende noch nicht abzusehen.
Zusammengeschlagen: Das Opfer Michael D. (34).
Jetzt soll ein Ortstermin am Tatort den skandalösen Vorfall erhellen. In der Nacht zum 19. Mai 2005 beobachteten zwei für einen anderen Einsatz tätige Observanten der Polizei in der Bielefelder Innenstadt einen schier unglaublichen Vorgang: Am Eingang zur Fußgängerzone wurde ein Mann von zwei Kontrahenten mit Schlägen und Tritten zusammengeprügelt.
Völlig entsetzt rief eine Beamtin in der Leitstelle der Polizei an und bat um Hilfe. Erst dann erkannte sie in einem der Schläger ihren Kollegen Mike S. (33). Der SEK-Beamte war mit seinem Freund Ralf K. (38) von einer »Party« gekommen. Beide hatten sich von dem späteren Opfer Michael D. (34) angegriffen gefühlt.
Daher ermittelte die Polizei zunächst auch gegen den vermeintlichen Angreifer. Als dann die observierenden Polizeibeamten ihre entlarvenden Aussagen zu Protokoll gaben, drehte die Polizeiführung den Spieß um: Nun wurde gegen die Polizeibeamten Mike S. und Ralf K. ermittelt.
Die beiden Polizisten blieben auch gestern am zweiten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht bei ihrer Haltung: Sie fühlen sich unschuldig. Schwer belastet wurden sie von weiteren Zeugen. Ein Taxifahrer und zwei Fahrgäste wollen deutlich gesehen haben, wie die Beamten ihr Opfer festhielten und auf den Oberkörper des Mannes eintraten. Zwei andere Polizisten hatten ihre Kollegen nach dem Verlassen der Party gesehen, als S. und K. angeblich auf der Suche nach einem Straftäter waren. Der Eindruck eines Beamten: »S. hatte den Jagdinstinkt wie mein Hund. Wenn der etwas sieht, ist er stur und hört nichts mehr.« Seine Kollegin meinte: »Er war energisch und zielgerichtet, beide schienen aufgebracht zu sein.«
Peinlich genug: Mike S. ließ gestern eine Dienstbeurteilung verlesen, wonach er »hohe Stressstabilität« zeige, »absolut verlässlich« und »kompetent« sei.
Das Amtsgericht will nun am 18. Januar den Tatort in Augenschein nehmen. Fortsetzung des Skandalprozesses wird dann Anfang Februar sein. Sollten die suspendierten Beamten dann verurteilt werden, droht ihnen der Ausschluss aus dem Dienst.

Artikel vom 04.01.2006