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Verantwortung für sich selbst übernehmen

Soll ein Arzt für die Dummheit oder Gleichgültigkeit eines Patienten geradestehen?


Zu dem Artikel »Ärzten droht Haftung«:
Wenn der oben genannte Bericht den Inhalt des Buches von Herrn Peitz vollständig wieder gibt, ist hier, wie ich meine, ein gefährliches Werk entstanden. Es steht mir nicht an, das BGH-Urteil zu kommentieren, da ich den Einzelfall nicht kenne und auch nicht Jurist bin. Aber der Tenor des Buches gefällt mir nicht, zementiert er doch eine in unserer Gesellschaft fehlgeleitete Tendenz.
Es ist Mode geworden, dass kaum einer mehr für sich selbst die Verantwortung trägt, sondern immer ein anderer gesucht (und häufig gefunden) wird, der für eigenes Fehlverhalten den Kopf und damit mit seinem Geldbeutel herhalten muss. So auch hier.
Weshalb soll ein Arzt für die Dummheit oder Gleichgültigkeit eines Patienten geradestehen? Da keiner von einem ambulanten Eingriff überrascht, sondern ein solcher Termin vorher verabredet und der Patient im Rahmen dessen aufgeklärt wird (auch über die Fahruntüchtigkeit), ist es leichtsinnig von dem Betreffenden, selbst mit dem Auto zu kommen.
Wenn gar vom Arzt körperliche Gewalt verlangt wird, um einen Patienten am Fahren zu hindern, geht das entschieden zu weit und an den Möglichkeiten vorbei. Solche Vorschläge sind wirklichkeitsfremd, und insofern ist das Buch überflüssig. Es weckt nur Begehrlichkeiten und liefert trotz Leichtsinns einem Menschen, der sich fehl verhalten hat, auch noch Argumente für eine Belohnung! Es wird ja auch nicht der bestraft, der den Alkohol verkauft hat, sondern der, der betrunken etwas angestellt hat.
Zu der Frage, wer bei bestimmten Krankheiten nicht mehr fahren darf, und zum Verhalten des Arztes bei solchen Diagnosen gibt es eine breite Rechtsprechung, die insgesamt die Schweigepflicht des Arztes betont und nur wenige Ausnahmen zulässt.
DR. R. M. STIEBING33649 Bielefeld

Artikel vom 06.02.2006