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Die Fünf vom Schürmanns Hof

Wintertags lassen es sich die Kraniche bei den Stadtgärtnern gutgehen

Von Michael Diekmann
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Das illustre Quartett hat empfindliche Füße, übernachtet deshalb lieber schön mollig in der Gärtnerunterkunft und nutzt tagsüber jede Gelegenheit zum Gang an die frische Luft. Die Rede ist von den fünf Kranichen des Bürgerparks. Die überwintern unter Dach und haben mit Klaus Diestelkamp (58) einen persönlichen Pfleger.

Sommertags sind sie die Lieblinge aller Parkbesucher. Und im Gegenzug kennen die fünf gefiederten Bewohner des Bürgerparks die Stammgäste in der Grünanlage neben der Oetkerhalle. Zwei Kronenkraniche mit prächtigem Kopfschmuck und drei kleinere Jungfernkraniche leben von April bis Oktober in der Grünanlage. Dann ziehen sie um in die Unterkunft der Stadtgärtner am Schürmanns Hof und machen in der Gärtnersprache auf ihre Art »Schlechtwetter«. Klaus Diestelkamp kennt seine Pappenheimer.
Seit 30 Jahren kümmert er sich als städtischer Gärtner um den wunderschönen Park und damit auch um die Kraniche. Früher waren es einmal deutlich mehr Tiere, erzählt der Fachmann. Doch schließlich starben Kraniche nicht nur aus Alters- oder Krankheitsgründen - sie wurden auch von freilaufenden Hunden gerissen und fielen unverantwortlichen Streichen Jugendlicher zum Opfer.
Für die meisten Parkbesucher, freut sich Diestelkamp, stehen die fünf grauen Kraniche für ein ganz wichtiges Element des Bürgerparks, so wie die Voliere mit den Kanarienvögeln auch. Während die allerdings im Winter in den eigenen vier Wänden bleiben können, werden die fünf Kraniche zu einer Art Zugvogel auf der Kurzstrecke, wie die Gärtner schmunzelnd erzählen. Schließlich legen sie vom Park bis zu Schürmanns Hof gerade drei Kilometer zurück und werden sogar mit dem Auto gefahren. Für ein richtiges Flugabenteuer fehlen den Tieren ein paar Schwingenfedern.
Auf dem historischen Schürmanns Hof haben es die Tiere dank eigener Zentralheizung wohlig warm. Gefüttert wird Hühnerfutter, als Leckerei gibt es getrocknete Garnelen. Was Diestelkamp besonders fasziniert: Spätestens nach zwei Tagen haben sie sich, je nach Jahreszeit im Park oder im Winterquartier, eingelebt und sich an alle Einzelheiten erinnert, kennen sich bestens aus. Wenn das Wetter gut ist, nutzt das illustre Quintett jede Minute zu einem Gang an die frische Luft - bei Frost wegen empfindlicher Füße nur kurz, bevor es zurück auf den wärmenden Strohteppich im Innengehege geht. Eine Aufgabe übernehmen die gefiederten Kollegen in städtischen Diensten aber trotz aller frostigen Temperaturen allein wegen ihrer Neugierde: die von Wachhunden. Diestelkamp: »Denen entgeht nichts auf dem Hof . . .«

Artikel vom 03.01.2006