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Bad Reichenhall unter Schock

Rettungsarbeiten sehr schwierig - weitere Tote nach Lawinenunglück

Bad Reichenhall (dpa). Der bayerische Kur- und Wintersportort Bad Reichenhall unter Schock: Bereits bevor die Schreckensnachricht vom Einsturz der Eissporthalle bekannt wurde, hatte in den Bergen oberhalb des Urlaubsortes eine Lawine zehn Menschen verschüttet. Zwei konnten nur noch tot geborgen werden - eine Person wurde gestern Abend noch vermisst.

Sieben der Verschütteten konnten sich nach Angaben der Polizei Traunstein kurz nach dem Unglück selbst befreien. Die Suche nach den drei zunächst noch vermissten Tourengehern - es handelte sich um zwei Männer und eine Frau - gestaltete sich schwierig, da wegen des starken Schneetreibens und einbrechender Dunkelheit keine Hubschrauber eingesetzt werden könnten. Bei der Suchaktion waren Bergwacht, Polizisten und Bundeswehrsoldaten sowie acht Suchhunde im Einsatz.
Das Unglück ereignete sich am Schrecksattel auf der Reiter Alm, die auch vielen Feriengästen bekannt ist. Sie ist oberhalb der Deutschen Alpenstraße gelegen. Bei der Skitouren-Gruppe handelte es sich den Berichten zufolge um Einheimische, die den Jahreswechsel auf einer Hütte verbracht hatten.
Über das Eishallenunglück im Ort berichtete kurz darauf eine Ohrenzeugin: »Ich habe ein lautes Krachen gehört, ahnte aber zunächst noch nichts Schlimmes. Zuerst dachte ich, dass von unserem Dach Schnee heruntergefallen ist.« Doch kurz danach hörte die Frau jedoch immer mehr Sirenen von Feuerwehrautos.
Mehr als 50 Eisläufer hatten sich am Nachmittag in der 60 mal 30 Meter großen Halle, die in den 70er-Jahren gebaut worden war, auf Schlittschuhen vergnügt, als das Dach gegen 16 Uhr fast über die gesamte Länge zusammenbrach und in die Mitte der Eisfläche stürzte. Die Schlittschuhläufer wurden völlig überrascht und konnten sich nicht mehr in Sicherheit bringen.
Mit einem Großaufgebot an Rettungskräften waren Feuerwehren, Polizei, Bundeswehr, das Technische Hilfswerk und das Rote Kreuz im Einsatz. Für die Stützung und Hebung des Daches musste das Eintreffen schwerer Bergekräne abgewartet werden, doch das winterliche Verkehrschaos auf den Straßen erschwerte deren Anfahrt. Man komme an die Verschütteten noch nicht heran, erklärte eine Polizeisprecherin.
»Besonders schlimm ist, dass die Verunglückten auf blankem Eis liegen. Das kann niemand längere Zeit aushalten«, sagte ein Anwohner. Auch er war erschreckt auf die Straße gelaufen, als das Sirenengeheul der Rettungsfahrzeuge nicht aufhörte. »Zusammen mit anderen bin ich zur Halle gerannt. Wir haben versucht, vor dem Gebäude noch zu helfen«, sagte der Mann. Doch die Rettungskräfte schickten ihn und die anderen weg und begannen rasch mit dem Aufbau von Zelten. »Den ganzen Tag hat es extrem stark geschneit. Aber so etwas muss ein Dach doch aushalten«, sagte der Mann.
Wegen der heftigen Schneefälle der vergangenen Tage herrscht in den bayerischen und österreichischen Alpen erhebliche Lawinengefahr. In Bayern gilt Warnstufe drei auf der fünfstufigen Skala.

Artikel vom 03.01.2006