03.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bad Reichenhall: fünf Tote
bei Einsturz der Eishalle

Mindestens 20 Menschen vermisst - schnelle Räumung versäumt?

Bad Reichenhall (dpa/Reuters). Mindestens fünf Menschen sind gestern beim Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall erschlagen worden. Unter den Opfern sind auch zwei Kinder, teilte die Polizeidirektion Traunstein mit.

Obwohl es offensichtlich Hinweise gab, dass durch die Schneelast Gefahr bestand, war die Halle nicht umgehend geräumt worden. Um die 50 Menschen sollen sich zu dem Zeitpunkt, als die Dachkonstruktion unter den anhaltenden Schneefällen zusammenbrach, in der Halle befunden haben. 20 bis 25 konnten bis zum Abend verletzt gerettet werden, etwa noch einmal so viele Besucher wurden noch vermisst. 300 Rettungskräfte versuchten, zu ihnen vorzudringen.
Bei den Toten in der Eissporthalle handelt es sich der Polizei zufolge um ein sieben- bis acht- jähriges Kind sowie eine junge Frau und einen jungen Mann. Ein zwölfjähriges Kind starb an seinen Verletzungen im Krankenhaus. Über die fünfte getötete Person war zunächst nichts bekannt. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) zeigte sich tief erschüttert.
Das Hallendach war gegen 16 Uhr fast über die gesamte Länge eingebrochen. Seit Montagnacht hatte es in der Region heftig geschneit. Unmittelbar vor dem Unglück sollte das Hallendach vom Schnee freigeschaufelt werden. Er habe gegen 15.30 Uhr von der Stadt eine entsprechende Information erhalten, sagte der Vorsitzende des örtlichen Eishockeyclubs, Thomas Rumpeltes. Daraufhin sei das Jugendtraining des Vereins kurzfristig abgesagt worden. An einen Einsturz habe zu diesem Zeitpunkt niemand gedacht. Es habe sich um eine Vorsichtsmaßnahme angesichts der Schneefälle gehandelt.
Rumpeltes' Schwester Petra berichtete, als Jugendleiterin des Clubs habe sie bei den etwa 15 Kindern angerufen, die am Training teilnehmen sollten, und ihnen abgesagt. Sie wurden so vor dem Unglück bewahrt. Petra Rumpeltes zeigte sich erschüttert, dass die Halle dennoch offen blieb, so dass normale Freizeit-Besucher Schlittschuhlaufen konnten. »Ich verstehe nicht, warum die Halle nicht sofort gesperrt wurde.«
Die Rettungsarbeiten gestalteten sich ausgesprochen schwierig. »Die Situation ist katastrophal«, sagte eine Sprecherin des Roten Kreuzes. Der Verkehr in der Region kam wegen des Schneechaos teilweise zum Erliegen. Daher hatten die Rettungskräfte Schwierigkeiten, zum Unglücksort zu gelangen. Im gesamten Landkreis Berchtesgadener Land wurde Katastrophenalarm ausgerufen.
Eine Sondereinsatztruppe des Malteser Hilfsdienstes kümmerte sich zusammen mit Helfern des Bayerischen Roten Kreuzes um die Angehörigen der Verletzten. »Wir fürchten, dass unter den Toten und Verletzten viele Kinder sind. Für die Eltern, die ihre Kinder abholen wollten, ist das ein Schock«, sagte Malteser-Sprecher Peter Volk. Nach seinen Angaben ist die Bergung der noch immer in der Halle Verschütteten ein Wettlauf gegen die Zeit. »Wer verschüttet wurde, liegt auf einer Eisfläche.« Deshalb stellten sich die Rettungskräfte nicht nur auf schwer verletzte, sondern auch auf stark unterkühlte Menschen ein. Die Eislaufhalle Reichenhall ist von Oktober bis März geöffnet und wird für Sportveranstaltungen aller Art genutzt.
Beinahe zur gleichen Zeit des Unglücks im Ort wurden oberhalb von Bad Reichenhall zehn Tourengeher von einer Lawine verschüttet. Mindestens zwei kamen dabei ums Leben. Eine Person wurde gestern noch vermisst.

Artikel vom 03.01.2006