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Festtagspfunde
leicht nehmen

Udo Pollmer warnt vor Diäten

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Wer aus Angst vor seinem Gewicht eine Diät macht, nimmt weiter zu. »Hunger bedeutet für den Körper massiven Stress«, sagte jetzt der Lebensmittelchemiker und Sachbuchautor Udo Pollmer dieser Zeitung.
Udo Pollmer gibt gute Ratschläge.

Auf die vorenthaltene Nahrung reagiere der Körper mit einem steigenden Cortisol-Spiegel, erklärte Pollmer. In seinem neuen Buch »Esst endlich normal!« (Piper) schildert er, »wie die Schlankheitsdiktatur die Dünnen dick und die Dicken krank macht«. Das Hormon Cortisol als Antwort des Organismus' auf Stress regt den Appetit an. Wer also beim Blick auf die Waage in Panik gerät und eine Diät beginnt, tut sich keinen Gefallen.
Klöße, Schweinebraten, Schokoladenpudding: Nach Weihnachten und Silvester gehört der Plan abzuspecken zu den häufigsten Vorsätzen fürs neue Jahr. »Unter 100 nimmt einer erfolgreich ab«, dämpft Pollmer die Erwartungen. Es gebe keine Diät, die dauerhafte Erfolge zeige, der Jojo-Effekt erwische fast jeden. Dass Abspecken für mehr Gewicht sorgt, hätten die Erfahrungen mit den aus dem Zweiten Weltkrieg heimkommenden Soldaten gezeigt. Als bei ihnen das Essen nicht anschlagen wollte, setzte man sie auf Diät, um den Körper dazu zu bringen, wieder Fett anzusetzen.
Essen und Gewicht hingen weniger stark zusammen, als die meisten Menschen glauben, betont Pollmer aus Gemmingen in Schwaben: »Die Hormone regulieren das Gewicht.« Außerdem spielten genetische Einflüsse und der Körperbau eine Rolle. Norweger wirkten auch deshalb schlank, weil ihr Skelett größer ist. Pollmer: »Im Süden Europas sind die Skelette kürzer, türkische Frauen haben daher einen höheren Body-Mass-Index.«
Nicht der Wille im Kopf, sondern der so genannte Ponderostat im Körper regele das Gewicht. Der Ponderostat misst den Energiegehalt einer Mahlzeit. Pollmer vergleicht ihn mit dem Thermostat in der Wohnung: »Wenn es dort 28 Grad warm sein soll, nutzt es nichts, den Heizöltank nur halb voll zu machen. Genau so wird das Körpergewicht nicht über den Kühlschrank geregelt, sondern über hormonelle Systeme, die nach biologischen Gesetzen arbeiten.«
Gewichtszunahme habe nicht zwingend mit übermäßigem Essen zu tun. Verheiratete Männer bekämen deshalb ein Bäuchlein, da der Testosteronspiegel sinkt. Weil sie in festen Händen sind, schlafe der Jagdtrieb im Hinblick auf das weibliche Geschlecht ein. Ob verheiratet oder nicht, Pollmer betont: »Wenn überhaupt, dann nimmt derjenige ab, der seine Angst vor dem Essen verliert und Diäten meidet.«

Artikel vom 07.01.2006