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Vertrauen der Bürger nicht verspielen

Politischer Neubeginn ohne »Personal-Spiel«


Deutschland hatte also seine Sternstunde. Inmitten nationaler und internationaler Krisenstimmung hat sich eine neue Regierung gebildet, die - und das ist seit langem wieder neu - gegenwärtig das Vertrauen der Mehrheit der Deutschen besitzt; einen Vertrauensvorschuss jedenfalls.
Die Bürger sind durchaus zunächst gewillt, Opfer zu bringen, sofern es ehrlich und fair zugeht. Und das ist nach den Jahrzehnten zunächst des Aufschwunges und dann des Stillstandes bemerkenswert und sollte bedacht werden, wenn immer von »den« jammernden Deutschen die Rede ist. Die gute Gelegenheit gilt es zu nutzen, nämlich die Chance, die Politik- und Parteienverdrossenheit der letzten Jahre zu überwinden und damit der angeschlagenen Demokratie einen Neustart zu gewähren.
Die vom Parlament und von der Regierung eingeforderte Ehrlichkeit und Fairness werden aber schon wieder auf die Probe gestellt. Der opferwillige Wähler hat ein Anrecht darauf, Einschnitte auch ganz oben einzufordern, besonders solche, die einfach Sinn machen und keinem wirklich wehtun, wie etwa die Abschaffung der von allen Kundigen als unnütz angeprangerten und Millionen kostenden Posten der Parlamentarischen Staatssekretäre. Diese kostspieligen Personal-Spielchen passen nun wirklich nicht zu den treuherzigen Mahnungspredigten vom Zwang zur Sparsamkeit. Der doppelte Standard lässt schon jetzt wieder grüßen.
Die zweite »Gretchen-Frage« solle man ebenfalls stellen, da die Neuordnung der Altersbezüge der Abgeordneten wieder ansteht. Daran wird sich zeigen, ob der langjährigen Kritik an den Parlamentariern als »Selbstbediener« der Boden entzogen werden kann. Das kann nur gelingen, wenn am Ende keine Mehrbelastung des maroden Staatssäckels und damit der Bürger entsteht, besser noch, wenn auch hier eine moderate, vertretbare Senkung der Bezüge herauskommt, wie es allenthalben dem Bürger zugemutet wird.
Sollten jedoch die altbekannten Praktiken wieder zum Zuge kommen, so wäre die Chance zur Neubegründung politischen Vertrauens vertan und der Zynismus verfestigt, den wir heute doch als Allerletztes brauchen.
DR. GÜNTER HERR34414 Warburg

Artikel vom 13.01.2006