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Musik -Êprickelnd wie Champagner

Bielefelder Philharmoniker wurden beim Neujahrskonzert stürmisch gefeiert

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Zwei Musicals, ein Ballett, zwei Opern, ein Teufelsgeiger, diverse musikalische Gourmandisen -Ê und das alles an einem Abend!? Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Peter Kuhn haben die Bielefelder Philharmoniker die Tradition der Neujahrskonzerte wieder aufleben lassen und dem Bielefelder Publikum einen beschwingten Start ins neue Jahr beschert.

Nach jahrelanger Abstinenz von solch unterhaltsamen »Jahresempfängen« war die Nachfrage groß und somit die Oetkerhalle annähernd ausverkauft. Es bleibt zu wünschen, dass der eine oder andere Musikfreund inspiriert wurde, auch die nachfolgenden philharmonischen Freitags- beziehungsweise Sonntagskonzerte zu besuchen. Abgesehen vom unangefochtenen musikalischen Können kann es keine bessere Eigenwerbung geben, als am Neujahrstag mit einem Cocktail aus prickelnden Melodien und federnden Tänzen aufzuwarten. Selbst wenn das Publikum im Vorfeld aus einem vorgegebenen Werkekanon Stücke auswählen durfte, so trug das Programm doch dem Gedanken der Ausgewogenheit und Vielfalt Rechnung.
Ebenso gut tut persönliche Ansprache, und diesbezüglich ist Peter Kuhn eine sichere Bank. In gewohnt launiger, humorvoller und kenntnisreicher Art knüpfte Bielefelds Generalmusikdirektor mühelos Verbindungen zwischen Rossinis Oper »Die diebische Elster«, Tschaikowskys »Mélodie op. 42« sowie seiner Ballett-Suite »Schwanensee« und dem mitreißenden Medley aus dem Bernstein-Musical »West Side Story«. Alles gern gehörte Lieblingsstücke, die hier wunderbar artifiziell und präzisionsgeschliffen Ohr und Gemüt erfreuten.
Zum Publikumsliebling avancierte hingegen Alexander Gilman. Der gerade mal 23-jährige Violinist gilt Brancheninsidern als hoffnungsvolles Talent. Mit sieben debütierte der Geiger im Münchner Gasteig; renommierte Preise sowie prominente Lehrer und Auftrittspodien säumen seither seinen künstlerischen Weg. Auch in Bielefeld betörte sein vibratoreicher, hochromantisch-schwärmerischer Ton (»Mélodie für Violine und Orchester«) und behexte sein schier übermenschlich anmutendes virtuoses Spiel (Franz Waxman: »Carmen-Fantasie«), das niemals in fingerbrecherischer Spieltechnik und glänzender Intonationskunst verharrte, sondern sehr viel Gefühl und Musikalität offenbarte - bis hin zum atemberaubenden Wieniawski-Caprice.
Mal mitreißend, mal heiter, leicht und beschwingt servierte das Orchester außerdem Erlesenes von Antonin Dvorák (Slawische Tänze), Frederick Loewe (Medley aus »My fair Lady«) und Johann Strauß Sohn (»Rosen aus dem Süden«) und ließ sich dafür von einem restlos begeisterten Publikum feiern. Drei Zugaben.

Artikel vom 03.01.2006