03.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Energiegeladen
im Dienste
aller Bielefelder

Stadtwerke bestehen seit 150 Jahren

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). »Wüßt nicht, was sie besseres erfinden könnten, als daß die Lichte ohne Putzen brennten«, moserte einst Goethe. Dem Mann konnte geholfen werden: Seit 1856 wird in Bielefeld regelmäßig Gas produziert - die Stadtwerke feiern 150-jähriges Bestehen.

Zu Goethes Zeiten war man noch auf Tran- und Ölfunzeln angewiesen - es musste, wer nach Sonnenuntergang aktiv bleiben wollte, verrußte Gläser reinigen, Öl nachfüllen und Dochte ersetzen. Dennoch standen anfangs nicht alle Bürger dem technischen Fortschritt so wohlwollend gegenüber wie der Dichterfürst: »Jede Straßenbeleuchtung ist verwerflich, sie macht den Trinker sicher und verkuppelt verliebte Paare«, argwöhnte die »Cölnische Zeitung« 1819.
Gut, dass sich Bielefelds Entscheidungsträger davon nicht ins Bockshorn jagen ließen und 1854 an der Herforder Straße die erste »städtische Gasanlage« errichten ließen, die zwei Jahre später konstant lieferte. So genanntes Stadtgas, wohlgemerkt, das arbeitsaufwändig aus Kohle hergestellt wurde - die Ära des ungleich »saubereren« Erdgases begann in Bielefeld erst 1961. Sehr früh übrigens: Als zweite deutsche Großstadt nach Oldenburg setzte man am Teuto auf die »neue« Energieform.
Die Nachfrage aus privaten Haushalten, vor allem aber aus der Industrie, wuchs, so dass man bereits 1863 ein zweites Gaswerk beschloss, das aber erst 1881 den Betrieb aufnahm. Und so heiß Bürger und Fabrikanten den wertvollen Rohstoff auch ersehnten: Wegen der »belästigenden und verunstaltenden« Produktionsweise des Gases wurde die 1893 gebaute dritte Gasanlage (wie schon die zweite) »abgelegen« angesiedelt - an der Schildescher Straße, dort, wo heute in freundlich anmutenden Gebäuden die Stadtwerke residieren.
Ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts nahm man sich der Wasserversorgung an und modernisierte die Transportwege des kostbaren Nasses. Das nicht nur zum Trinken, sondern auch für die Hygiene unerlässliche Wasser wird vorwiegend in der Senne gewonnen und an die Bielefelder Haushalte und Betriebe geliefert.
Zur mittlerweile wichtigsten Unternehmenssparte entwickelte sich jedoch die Stromversorgung. Bis heute gehören die heimischen Stadtwerke zu den wenigen kommunalen Unternehmen in Deutschland, die ihren Strom weitgehend in eigenen Kraftwerken - das erste entstand im Jahr 1900 - und in Kraftwerksbeteiligungen herstellen.
Dank der Elektrizität fuhr auch die Straßenbahn, und so ließen die Stadtwerke im Jahr 1900 die erste Linie zwischen Schildesche und Brackwede verkehren - den an weite, zeitraubende Wege gewöhnten Arbeitern und den mobilen Bürgern zu Nutzen und Frommen. Weitere (teilweise unterirdisch verlaufende) Strecken wurden ausgebaut, zuletzt die Linie 4 zur Universität. Und seit mittlerweile 80 Jahren verbinden auch die unter der Regie der Stadtwerke eingesetzten Busse auf zahlreichen Routen die Menschen miteinander.
Bereits seit 1955 kümmern sich die Stadtwerke um die umweltfreundliche und energiesparende Fernwärme, die an der Schildescher Straße und in der Müllverbrennungsanlage Heepen erzeugt wird. Fernwärme kann heute in der Innenstadt flächendeckend, in den Außenbezirken entlang der Verbindungsleitungen, angeboten werden. Und seit 1997 engagieren sich die Stadtwerke auch auf dem Freizeitsektor: Die Unternehmenstochter »Bielefelder Bäder und Freizeiteinrichtungen GmbH« (BBF) übernahm von der Stadt die Bäder und Eisbahnen.
Die Telekommunikation (seit 1913 hatten die Stadtwerke das interne Telefonnetz auch der Stadtverwaltung betrieben) ist seit gut acht Jahren an die Tochter BITel ausgegliedert. Den modernen Technologien begegnete das Unternehmen stets mit Interesse: 1932 bereits führte man die Datenverarbeitung per Lochkarte ein und entwickelte das Verfahren weiter, Ökonomie und Ökologie wurden eng verzahnt, die Brennstoffzelle erprobt und erneuerbare Energien gefördert.
»Auch zukünftig wollen die Stadtwerke ein kommunal geprägtes Unternehmen sein, das mit seinen Leistungen in der Energie- und Wasserversorgung sowie im öffentlichen Nahverkehr eine unverzichtbare Rolle in der öffentlichen Daseinsvorsorge spielt«, lässt das jetzt 150-jährige Unternehmen selbstbewusst verlauten.

Artikel vom 03.01.2006