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Kombilohn soll Jobs erzeugen

Union will Einkommenszuschuss für Geringqualifizierte Anfang 2007

Berlin (Reuters/dpa). Für schwer zu vermittelnde Arbeitslose will die CDU/CSU nach Worten ihres Wirtschaftsexperten Laurenz Meyer von Januar 2007 an einen neuen Kombilohn einführen.
Der Einkommenszuschuss solle zunächst an Problemgruppen am Arbeitsmarkt wie unter 25-Jährige und ältere Arbeitslose gezahlt werden, sagte Meyer. Die Details müssten in den kommenden sechs Monaten geklärt werden.
Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag festgelegt, dass eine Arbeitsgruppe im Verlauf des Jahres Vorschläge dazu machen soll. Kombilöhne etwa in Form staatlicher Zuschüsse zur Aufstockung niedriger Löhne, sind in ihrer Wirkung umstritten. Bislang fehlen Belege, dass sie zu einem Aufbau von Beschäftigung führen. Der von Meyer genannte Zeitplan weicht von Äußerungen des CDU-Generalsekretärs Ronald Pofalla ab. Dieser hatte vorige Woche gesagt, dass eine Koalitionsarbeitsgruppe bis Mitte 2006 Vorschläge ausarbeiten solle für einen Kombilohn, der dann von Juli 2007 an wirksam werden solle.
Nordrhein-Westfalen hat ein eigenes Konzept zur Einführung von Kombi-Löhnen angekündigt. Das Kombilohnmodell werde mit den Vorschlägen des Bundes vereinbar sein und sich ausschließlich an Empfänger von Arbeitslosengeld II richten, kündigte Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) an. Aus der SPD-Fraktion, in der es starke Vorbehalte gegen einen Kombilohn gibt, hieß es, bislang stünde noch nicht einmal die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe fest. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß sprach sich gestern gegen die von der Union geforderte Einführung von Kombilöhnen aus. Diese seien angesichts der Haushaltslage in Bund und Ländern nicht finanzierbar. »Das hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun«, sagte Poß. Zudem müsse sich die Union beim Thema Mindestlohn auf die SPD zu bewegen.
Pofalla zufolge könnte ein neuer Kombilohn kostenneutral eingeführt werden. »Wir glauben, dass der Kombilohnanteil, den wir auf die Löhne drauflegen, geringer sein wird als das, was wir bisher im Arbeitslosengeld II bezahlt haben«, sagte Pofalla. Bei der Lösung der Probleme am Arbeitsmarkt verspreche er sich vom Kombilohn am allermeisten.
Der frühere Wirtschaftsweise Rolf Peffekoven warnte dagegen vor Milliardenkosten. »Die Kombilöhne kosten im Jahr viele Milliarden, auch weil es zu gewaltigen Mitnahmeeffekten kommen wird«, betonte er. Grundsätzlich seien Kombilöhne vernünftig. Gering Qualifizierte seien oft so wenig produktiv, dass sie nur geringe Löhne erzielen und von diesen nicht leben könnten. Die Mittel könnten aus der Arbeitsmarktpolitik abgezogen werden, etwa durch eine drastische Kürzung des Arbeitslosengeldes II, sagte Peffekoven. Dies könne den Anreiz für Arbeitslose erhöhen, eine gering bezahlte Stelle anzunehmen.
Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Bsirske, lehnte Kombilöhne ab. »Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Kombilöhne von den Arbeitgebern genutzt werden, um die Tariflöhne zu drücken.«
In der Wirtschaft gehen die Meinungen auseinander. Während Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt das Kombilohn-Modell begrüßte, äußerte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) Vorbehalte. Ein Kombilohn sei flächendeckend »nicht zu bezahlen«, sagte ZDH-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer. Zudem fürchte er, dass staatliche Zuschüsse für Geringverdiener ausgenutzt würden. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 03.01.2006