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Ukraine das Gas abgedreht

Moskau stoppt Lieferung - Versorgung deutscher Haushalte sicher

Moskau (dpa/Reuters). Im russisch-ukrainischen Streit um drastische Preiserhöhungen für Gas hat der vom Kreml kontrollierte Konzern Gasprom den Nachbarstaat wie angedroht von der Versorgung abgetrennt. Angaben von E.ON Ruhrgas zufolge ist die Versorgung deutscher Haushalte nicht gefährdet.

Wenige Stunden nach Ablauf eines Ultimatums zum Jahreswechsel stoppte der weltgrößte Gasproduzent am Neujahrsmorgen seine für die Ukraine bestimmten Exporte. »Wir sind dazu gezwungen«, sagte ein Konzernsprecher. Gasprom fordert Weltmarktpreise von der Ukraine, die die bisherigen Tarife um fast das Fünffache übersteigen.
Die Gasprom-Führung erhob schwere Vorwürfe gegen die Regierung in Kiew. »Von Anfang an waren sie darauf aus, ab dem 1. Januar illegal Gas abzuzapfen oder genauer gesagt zu stehlen«, betonte Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow. Dagegen teilte der staatliche ukrainische Energieversorger Neftegas Ukrainy mit, man habe Gasprom rechtzeitig einen Vertragsentwurf geschickt, in dem »marktgerechte Preise« fixiert worden seien.
Die Ukraine will bis zum Abschluss eines neuen Liefervertrages mit eigenen Vorkommen sowie mit Exporten aus Turkmenien über die Runden kommen. Dagegen teilte Gasprom mit, sämtliche turkmenischen Exporte würden ab sofort von Gasprom verwaltet.
Gasprom betonte, es bestehe die Gefahr, dass auch die Kunden in der Europäischen Union in Mitleidenschaft gezogen werden. »Die ukrainische Führung stiehlt das Gas bei den europäischen Verbrauchern«, sagte der Gasprom-Sprecher in Moskau. Wenn russisches Gas auf dem Weg zu den Kunden in der Europäischen Union verloren gehe, trage allein die Ukraine die Verantwortung, betonte das Außenministerium in Moskau. Nach Gasprom-Angaben fließt russisches Gas in der Ukraine durch fünf Pipelines, drei seien für den Export bestimmt.
Zuvor hatten noch mehrere EU-Länder Russland aufgefordert, die Gaslieferungen »in vollem Umfang« aufrechtzuerhalten. Eine Reduzierung »könnte zu nicht unerheblichen Problemen für die Gasversorgung in Europa führen«, schrieben die für Energie zuständigen Minister einiger Abnehmerländer, darunter auch Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU).
Die Versorgung der deutschen Haushalte mit Gas ist nach Einschätzung von E.ON Ruhrgas trotz des russisch-ukrainischen Streits um Gaslieferungen nicht gefährdet. »Wir sind gerüstet. Selbst bei einer weiteren Eskalation wird es nicht zu Liefereinschränkungen für Haushalte und Kleinverbraucher kommen«. Erdgas werde aus mehreren Quellen bezogen.
Neben Russland, dessen Lieferanteil 30 Prozent betrage, komme das Gas aus Norwegen, den Niederlanden und deutschen Quellen. Darüber hinaus verfüge E.ON Ruhrgas über große Erdgasuntertagespeicher. Auch Großkunden seien aktuell nicht betroffen. Hier könnten aber »begrenzte Einschränkungen« nicht ausgeschlossen werden. »Wenn sich die Lieferkürzungen als sehr groß herausstellen sollten, lang anhalten und der Winter sehr kalt wird, stoßen unsere Ausgleichsmöglichkeiten an Grenzen«, sagte Vorstandschef Burckhard Bergmann. Seite 2: Leitartikel

Artikel vom 02.01.2006