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Vom vertrackten Leben
eines Notenquetschers

»Oh Moon of Alabama«-Premiere im Mobilen Theater


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Das Mobile Theater hat sich eines höchst ambitionierten Stückes über ein höchst ambitioniertes Paar angenommen, kein Kammerspiel, sondern buchstäblich großes Theater. Albrecht Stoll hat über »Das vertrackte Leben eines Notenquetschers« - so der Untertitel - »Oh Moon of Alabama« geschrieben; am Silvesterabend war Premiere mit achtzehn Akteuren, die das Leben von Kurt Weill und Lotte Lenya in fünf Stationen schilderten.
Dargestellt werden der Beginn der Ehe in Berlin, der Erfolg der Dreigroschenoper und die Zusammenarbeit mit Bertold Brecht, die Bedrohung durch den Hitlerfaschismus, die erfolglose Zeit des ersten Exils in Frankreich und der Aufstieg Weills zum Musicalkomponisten in New York.
Der Beginn des Stückes ist das Ende der Geschichte: Die alte Lotte Lenya - sie hat Weill um mehr als 30 Jahre überlebt - , gespielt von Barbara Rathert, spricht von ihrem Wunsch, dass das gemeinsame Leben mit Weill für die Nachwelt »schön« dargestellt werden müsse. Dass das nicht unbedingt der Wahrheit entspricht, erfahren die Zuschauer im Rückblick: Lotte Lenya (Susanne Mewes) betrügt ihren Mann ohne schlechtes Gewissen, sie ist bereit, (fast) alles für die Karriere zu tun, wird aber häufig düpiert. Nicht zuletzt von Brecht. Holger Löffeld zeichnet von ihm ein nicht eben sympathisches Bild. Kurt Weill, den Peter Krudup zwar als Künstler, aber als einen mit Realitätssinn, verkörpert, lässt sich allerlei bieten, schluckt Ängste und Eifersucht herunter.
Mit 25 verschiedenen Liedern aus »Mahagonny«, »Dreigroschenoper«, »Lady in the Dark« oder »Die sieben Todsünden« wird die biografische Reise ebenso skizziert wie durch die Spielszenen. Die meisten Akteure müssen gleich mehrere Rollen, oft in schnellem Wechsel, spielen. Die Palette reicht da von Roosevelt bis zur Dietrich, von Hitler bis zu Elisabeth Hauptmann. Dazu gibt es Emigrantinnen, Krankenschwestern, Bühnenarbeiter, Produzenten, Diseusen. Es spielen Inka Noack, André Nessel, Violeta Gomez, Klaus Böcker, Albrecht Stoll, Jens Schäfer, Manuela Bujuklieva, Leonhard Siebeneicher, es musizieren Gisela Hoyer, Liselotte Rosenberg, Stefan Kallmer, Matthias Menzel, Benjamin Oehls, Johann Levin Wiesenthal. Ungewöhnlich die Bühne, die dem Publikum den Weg zum Ausgang »versperrt«: Wer zu spät kommt, spielt quasi mit. Aufführungstermine: 6., 7., 13., 14., 20., 21., 27., 28. Januar, 3. und 4. Februar, jeweils 20 Uhr im Mobilen Theater, Feilenstraße 4 (Karten: Tel. 0521/122170)

Artikel vom 02.01.2006