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Nina Hagen und die Heimsauna

Spezialausgabe der »Bielefeld Homeshow« mit anschließender Party


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Herr Bassermann übt »Dinner For One«, Olga von der Wolga (mit holländischem Akzent) will immer noch berühmt werden, Herr Biedermann ist eingeladen, weil er seit 30 Jahren regelmäßig den Abonnentenpreis gewinnt, dem Achtjährigen ist es »soooo langweilig« und dann kommt auch noch Besuch aus der Ostzone. . . Die gibt es noch, denn Party zum Jahreswechsel spielte nämlich 1975.
Zu Gast waren unter anderem Neil Young, die Rolling Stones und Nina Hagen. Das Theater am Alten Markt bebte: Unter Leitung (und höchst aktiver Mitwirkung) von Stefan Hufschmidt erlebten die begeisterten Zuschauer mit einer »Bielefeld Homeshow spezial« die, so Hufschmidt, »wohl einzige Silvestershow, die live über die Bühne geht«.
Wer an einem Silvesterabend so engagiert auf der Bühne spielt, der hat Spaß an der Sache - und reißt das Publikum, das sich teilweise mit 70er Jahre Blümchenkleidern und Schlaghosen, Stirnbändern und Kettengürteln kostümiert hatte, buchstäblich von den Sitzen.
Harald Gieche gab den Hausmeister, der zur Feier des Tages den Frack über den grauen Kittel gezogen hatte, Christina Huckle erinnerte an die extatischen Moderatoren gewisser Privatsender, Claudia Mau brach das Eis ganz in Schwarz.
Melanie Kreuter überraschte das Publikum als durchgedrehte Nina Hagen, Reinhard Krökel, Gast aus der Berliner »Comedy Factory«, begeisterte als langmähniger, benebelter Hippie mit Nostalgie-Anwandlungen, Oliver Baierl litt unter alkoholbedingter Fallsucht, brachte es dann aber doch noch zu einer durch und durch gelungenen Musikeinlage.
Gastgeber Stefan Hufschmidt musste dann noch mit Thomas Wolff zurecht kommen, der partout das Bowlen-Rezept seiner Tante vorführen wollte (»Klosterfrau Melissengeist gehört da rein, dann wird es nicht so schädelig«), dessen achtjährigem Filius, glänzend gespielt von Karla Trippel, seiner Schwester Roswitha und deren Verlobtem »aus'm Osten«. Ulrike Müller begeisterte mit einer spezial Dresdner Rock-Version (»Isch bin de sächsische Sexmachine«), während der »Verlobte« John Wesley Zielmann mit der DDR-Errungenschaft »Heimsauna Viktoria« prunken wollte. Einer der Höhepunkte: eine Mischung aus »Augsburger Puppenkiste«, »Bonanza« und der »ZDF-Hitparade« - alle an Fäden.
Die Homeshow auf der Bühne fand kurz vor Mitternacht ein Ende - Zeit zum Anstoßen für Schauspieler und TAM-Besucher. Danach aber wurde weiter gefeiert - zur Musik von ABBA bis Zappa wurde im Foyer getanzt, die Sektbar lud zum Verschnaufen ein, als Häppchen gereicht wurden Rollmöpse und »Fliegenpilze«: Eier mit Tomatenhäubchen und Mayonnaise-Tupfern.

Artikel vom 02.01.2006