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Peter will Herr
seiner Töne sein

Jazzmusiker Herbolzheimer wird 70

Von Andreas Schirmer
Köln (dpa). Berührungsängste zur Unterhaltungsmusik hat der Jazz-Posaunist Peter Herbolzheimer nie gehabt. »Ich habe die Neigung zur Melodie, zur Verständlichkeit der Musik«, sagt der Musiker, Komponist und Arrangeur, der am Samstag seinen 70. Geburtstag feiert.

Dem Jazz gehört seine Liebe, doch bekannt wurde er durch »Bio's Bahnhof«, seine Filmmusiken und die von ihm komponierte Einzugsmusik für die Olympischen Spiele 1972 in München. Dafür hat Herbolzheimer nicht nur eine Goldene Schallplatte sondern auch das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen.
»Ich habe mich vom Kommerziellen nicht angezogen gefühlt, auch wenn ich nichts dagegen hatte, etwas zu verdienen«, sagt Herbolzheimer. Geboren und aufgewachsen ist er in Bukarest. Als 16-Jähriger kam er nach Deutschland, lernte Gitarre spielen und ging 1953 für vier Jahre in die USA. Dort hat er den Jazz intensiver kennen gelernt, ohne jedoch die Musik schon in den Mittelpunkt seines Lebens zu rücken. Nach dem Abitur begann er eine Ausbildung zum Technischen Zeichner in Detroit. »Ich war ein guter Mathematiker und Zeichner und auf Architektur gepolt.« Dies änderte sich bei seiner Rückkehr nach Deutschland, als er 1958 ein Musikstudium in Nürnberg begann und von der Gitarre zur Posaune wechselte.
»Ich hatte einen elektrischen Verstärker, der gekratzt und gescheppert hat. Es war lästig, dass man seinen eigenen Ton nicht formen konnte«, erzählt Herbolzheimer. »Deshalb habe ich die Posaune gewählt, um Herr meiner eigenen Töne zu sein.« Ähnlich war seine Motivation, sich nicht nur mit dem Spielen von Musik zu begnügen, sondern sie selbst zu schreiben und zu arrangieren: »Ich gebe zu, gern die Kontrolle über das Ganze zu haben.«
1969 gründete er seine »Rhythm Combination & Brass«, die in kurzer Zeit zu den besten Bigbands Europas aufstieg und die er bis heute leitet. Jazz-Größen wie Dizzy Gillespie, Stan Getz, Gerry Mulligan oder der im Juli gestorbene Posaunist Albert Mangelsdorff waren Gäste der RC&B. Herbolzheimers Vorliebe für große Jazz-Ensembles ist ungebrochen.
Seit 1987 kümmert sich Herbolzheimer nicht mehr allein um seine eigene Karriere, sondern ist auch künstlerischer Leiter des Bundesjugend-Jazzorchesters (BuJazzO). Inzwischen ist das BuJazzO zur Talentschmiede geworden, in der etwa der Trompeter Till Brönner spielte. »Jeder Mensch, der heute in Deutschland Jazz macht, kommt aus dem Orchester«, sagt Herbolzheimer nicht ohne Stolz. Ein Ende seiner Laufbahn als Solist und Bandleader ist nicht in Sicht.

Artikel vom 31.12.2005