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Hundt: »Wir müssen mehr arbeiten«

1,5 Prozent Wachstum reicht nicht

Berlin/München (dpa). Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat eine deutliche und schnelle Senkung der Lohnnebenkosten gefordert. Zudem sprach sich Hundt für längere Arbeitszeiten und moderate Lohnabschlüsse aus.

Das Vorhaben der großen Koalition, die Lohnzusatzkosten unter 40 Prozent zu drücken, sei »ein richtiges und wichtiges, aber auch ein sehr bescheidenes Ziel«, sagte Hundt in einem Interview. Vor der Wiedervereinigung habe das Niveau bei 36 Prozent gelegen. »Das ist das richtige Ziel«, betonte Hundt. »Wir müssen schnellstens mit den Sozialbeiträgen runter«.
Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) kündigte unterdessen ver-stärkte Anstrengungen zur Verringerung der Lohnzusatzkosten an. Die Koalition werde die Senkung der Sozialbeiträge beschleunigen, »indem wir den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2007 um zwei Punkte auf 4,5 Prozent reduzieren«, sagte der Arbeitsminister. Insgesamt werde der von den Arbeitgebern zur Hälfte finanzierte Teil der Sozialbeiträge in dieser Legislaturperiode von derzeit 39,2 auf 37,6 Prozent abgesenkt. »Das werden wir auch halten, da bin ich ganz sicher.«
Um den leichten Wirtschaftsaufschwung zu stützen, müssen die Deutschen Hundt zufolge auch mehr arbeiten. »Wir arbeiten in Deutschland insgesamt zu wenig, deutlich weniger als alle Länder, mit denen wir auf den Weltmärkten im Wettbewerb liegen.« Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einer anhaltenden Krise, betonte Hundt. In den vergangenen vier Jahren seien 1,7 Millionen sozialversicherungspflichtige Jobs verloren gegangen. Ein Wachstum von 1,5 bis 1,8 Prozent reiche nicht aus, um zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.
Die Industrie- und Handelskammern rechnen für 2006 mit einem Anspringen der Konjunktur in Deutschland und erwarten ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. DIHK-Chefvolkswirt Axel Nitschke warnt indes vor »überschäumendem Optimismus«. Beim Export, der bisherigen Hauptstütze der Konjunktur, zeigten sich Abschwächungstendenzen.
Die Fußball-WM bringt nach einer DIHK-Studie einen Wachstumsschub und neue Jobs. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun sagte der »Bild am Sonntag«: »Die WM schafft Arbeit und Wachstum in Deutschland. Wir rechnen mit rund 60000 zusätzlichen Arbeitsplätzen und einem Zusatzwachstum von einem Drittel Prozentpunkt im WM-Jahr.« Jeder dritte dieser 60000 Arbeitsplätze wird der Studie zufolge dauerhaft sein. Die meisten Jobs entstünden im Gastgewerbe, in der Sicherheits- und Werbewirtschaft sowie bei Zeit- und Leiharbeitsfirmen.
Mit Blick auf die bevorstehende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie forderte Hundt die IG Metall zu betriebsbezogenen Lösungen auf. Es gebe tatsächlich zahlreiche große und international tätige Firmen, die sehr gute Ergebnisse ausweisen würden. Auf der anderen Seite gebe es aber im mittelständischen Bereich eine große Zahl von Unternehmen, die keine ausreichenden Gewinne erwirtschaften. Dem müsse man Rechnung tragen.

Artikel vom 02.01.2006