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Aus Sicht der Kinder

»Papa und Mama«: Wedel-Zweiteiler über Trennung

ZDF, 20.15 Uhr: Eigentlich ist der »neue Wedel« kein »echter Wedel« - jedenfalls nicht, wenn man die gewohnten Erfolgszutaten des Regisseurs erwartet.
Dieter Wedel mit den Jungdarstellern Anna Hausburg und Wolf-Niklas Schykowski.

Weder Politiker noch Wirtschaftsbosse oder das organisierte Verbrechen hat Dieter Wedel (63) für seinen Zweiteiler »Papa und Mama« (auch Mittwoch um 20.15 Uhr) ins Visier genommen, sondern Liebes- und Trennungsgeschichten ganz normaler Paare. »Ich wollte einfach mal nicht wieder das Königsdrama machen«, sagt der Regisseur.
Der in Hamburg und auf Mallorca lebende Filmemacher, der mit aufwändigen Mehrteilern wie »Der große Bellheim«, »Der Schattenmann«, »Der König von St. Pauli« und zuletzt der sechsteiligen »Affäre Semmeling« Furore machte, begnügt sich diesmal mit nur zwei 90-minütigen Folgen.
Dass er dem ZDF dennoch wieder einmal einen viel beachteten Start ins neue Fernsehjahr bescheren wird, liegt auf der Hand. Wedel hat mit seinen Filmen TV-Geschichte geschrieben und hohe Einschaltquoten erzielt.
Mit »Mama und Papa« hat Wedel ein hoch emotionales Thema angepackt. Ursprünglich sollte der Film vor allem das Scheidungsrecht und geldgierige Anwälte an den Pranger stellen. Doch dann hat sich Wedel auf die Menschen konzentriert - besonders auf die jüngsten Leidtragenden. »Weil die Kinder hin und her gerissen werden und am meisten unter einer Scheidung leiden. Sie empfinden es als eine Art ÝVertreibung aus dem ParadiesÜ«, erfuhr Wedel bei den Recherchen zum Thema.
Erstaunt hat ihn am meisten der Trennungsgrund. »Ich hatte immer gedacht, Gründe wären meistens ein Seitensprung oder eine neue Verliebtheit. Aber es ist die schleichende Entfremdung, der Mangel an Kommunikation, die Sprachlosigkeit«, sagt der Regisseur, der selbst sechs Kinder aus verschiedenen Beziehungen hat, aber nie verheiratet war.
Im Film ist es die verheiratete Mittdreißigerin Katja Ullrich (Silke Bodenbender), die sich fragt, ob das nun schon alles gewesen ist. Als sie mit den beiden Kindern zur Mutter flieht, trifft das ihren Ehemann Peter (Fritz Karl) - erfolgreicher Scheidungsanwalt - wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel. Er ist fassungslos und versteht die Welt nicht mehr, es war doch nichts Bemerkenswertes vorgefallen.
Anders als in der parallel erzählten Geschichte von Spediteur Charly Hupach (Peter Weck), der seine Frau Ruth (Gisela Schneeberger) nach Jahrzehnten für eine Jüngere verlässt. Die Hauptstränge erzählt Wedel aus der Perspektive der Kinder - mal sieben, mal 13, mal 27 Jahre alt.
Dass »Papa und Mama« ein gleichermaßen spannender wie einfühlsamer Film geworden ist, liegt vor allem in der Gestaltung der Charaktere: Es gibt nicht den einen Schuldigen. Dieter Wedel: »Ich wollte Menschen zeigen, die sympathisch, einsichtig und guten Willens sind.«

Artikel vom 02.01.2006